Heute mal wieder eine Pension und das heißt auch WLAN. Um nun den Update nicht zu umfangreich zu machen, fasse ich die letzten drei Tage mal zusammen:
Die Städte
Jaromir – Königgrätz – Pardubitz – Kolin – Podiebrad (oder Jaromer – Hradec Kralove – Pardubice – Kolin – Podebrady; sorry, alles ohne Akzente): sie alle eint die typischen Merkmale altböhmischer Städte: Marktplatz inkl. meist Radfahrer-unfreundlichem historischem Kopfsteinpflaster, einer zentraler Figurensäule und Bürgerhäuser mit Arkadengängen. Die Schwerpunkte sind immer ein bisschen anders. Gut gefallen hat uns Königgrätz mit seinem eher zipfelmützenförmig ausgezogenen dreieckigen Marktplatz vor allem wegen des Weißen Turms, der einem eine tolle Aussicht auf den Platz, die Stadt und das umliegende Land bis ins Riesengebirge ermöglicht (beim Abstieg lässt auch der Muskelkater noch aus dem Riesengebirge grüßen). Das Highlight der Plätze ist aber Pardubitz: ein großer viereckiger Marktplatz mit einem vollständigen historischen Gebäudeensemble.
Die Wege
In den letzten drei Tagen gab es so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann: asphaltierte Straßen, auch mal mit etwas mehr Verkehr, Betonpisten, auch solche mit Lochbetonplatten wie in der alten DDR, Schotterwege, Sandpisten, Schlamm, Wiesenwege. Das Schlimmste war eine Piste durch den Wald hinter Kladrub, wo das Vorderrad im tiefen Sand ins Schwimmen geriet. Stehenbleiben wurde mit Blutzoll durch viele kleine Wegelagerer bezahlt, schön dagegen die von weißen Holzäunen flankierten Linden- und Kastanienalleen durch die Kladruber Koppeln; Kladrub ist für seine Zuchtpferde weltberühmt – hier werden nicht Renn-, sondern Kutschpferde gezüchtet und das schon seit dem 16. Jhd. Auch die Wiesenwege entlang der Elbe machen Spaß, erfordern aber einige Konzentration, um nicht aus der Spur zu kommen.
Das Wetter
Es gibt ein Kontinuum: es ist bisher immer warm und schwül. Im Zelt sind die Schlafsäcke zu dick, so dass wir sie als Decken oder Unterlagen benutzen. Und selbst die Zimmer der Pensionen sind wärmer als einer erholsamen Nachtruhe zuträglich. Glück hatten wir nach einem rund zehnminütigen Verhauer hinter Pardubietz, den wir erst bemerkten, als wir vor der Schranke eines Werksgeländes standen. Kurze Zeit später wurde es dunkelgrau um uns herum, aber vor dem beginnenden Unwetter hatten wir eine schützende Unterführung gefunden. Wer weiß, wo wir zehn Minuten später gewesen wären…
Letzte Nacht allerdings habe uns Blitz und Donner zwischen 12 und 2 wachgehalten. Im Zelt ist man den Elementen eben doch noch etwas näher als in einem Haus.
Die Natur
Schmetterlinge, Libellen, eine Smaragdeidechse, einen Falken und natürlich jede Menge Enten. Botanisch dominieren Schilfgras und Wasserrosen, an den Feldrändern aber auch gerne Mohn und ganz häufig Kamillen.
Die Tschechen
Wir sehen sehr viele Fahrradfahrer. Jung und alt sind auf zwei Rädern unterwegs und fahren jeden Weg, egal ob Asphalt, Sand oder Kies. Auch Großroller (sog. Kick Bikes) sind viel unterwegs, z. T. mit Flaschenhalter und sogar Kindersitz ausgerüstet. Nur grüßen können die Tschechen irgendwie nicht. Ok, wir können die Sprache nicht und in diesem Landesteil sprechen tatsächlich nur ganz wenige Englisch oder Deutsch. Aber wenn ich freundlich lächelnd „Hallo“ sage, kann man dann nicht zumindest zurück lächeln??? Nee, ohne eine Miene zu verziehen, fährt man grußlos aneinander vorbei!
Die Etappen
Jaromir – Semin (kurz vor Kladrub): 83 km / 290 Hm
Semin – Podebrady: 57 km / 230 Hm
Podebrady – Brandys-nad-Labem: 52 km / 170 Hm
Schöne Gegend, besonders architektonisch. Wenn ihr weiter die Elbe entlang fahrt, müsstet ihr ja bald in Mělník vorbeikommen kommen. Dort mach bitte ein paar Bilder für mich, denn dort wurde meine tschechische Ur-Ur-Großmutter Rosa Plocek geboren. Irgendwann muss ich da wohl selbst mal hin. 🙂 Dort gibt es offenbar auch einen Marktplatz mit Arkaden.
Rosa Placek hat offenbar kein gutes Wort für uns eingelegt – es regnete in Melnik! Aber Arkaden gibt’s da auch (s. heutigen Beitrag)
Die war wohl nicht mehr da, sie hat halt in die Lausitz geheiratet. 🙂