11. April

Die Etappe gilt als die längste und härteste der gesamten Tour. Doch um sie in Angriff zu nehmen, müssen wir erst einmal zurück nach Osor. Wir laufen zur Bushaltestelle, wohl wissend, dass der Bus in der Nebensaison nicht fährt und halten den Daumen raus. Aber niemand hält. Irgendwann entschließen wir uns, ein Taxi zu rufen. Dummerweise gibt es in dieser Gegend kein Mobilfunknetz. So laufen wir zurück zu unserer Unterkunft und bitten unsere Vermieter, uns eins zu rufen, was dank Google translate (beide sprechen nur kroatisch) auch irgendwann funktioniert. Das erhöhte Beförderungsentgelt von 50 € akzeptieren wir notgedrungen. Es ist 10:15 Uhr, bis wir in Osor loskommen, reichlich spät. Immerhin gestärkt durch ein Stück Apfelstrudel, dass wir im wundersamer Weise nicht nur existierenden, sondern auch geöffneten Dorfladen von Cunski beim Warten auf das Taxi ergattern konnten.

Wacholder, Zypresse, Steineiche und Mastixstrauch begleiten uns in Form kleiner Wälder. Wo der Bewuchs niedriger wird und bereitwillig dem Weg Platz macht, laufen wir in der Sonne und schon geht die Schweißproduktion in den Turbomodus.

Mittagspause am Planinarski Dom, einer Berghütte mit herrlichem Blick über Cres und zur Südspitze Istriens. Bequeme Sitzbänke gibt’s auch. Was jetzt noch fehlt, ist der Kaffee. Aber für Bedienung ist es halt noch zu früh im Jahr. Was soll’s? Essen und Trinken gibt es auch aus dem Rucksack!

Wir stehen nun am Beginn der Osorscica, eines rund 20 km langen Bergrückens, über den wir einige Kilometer laufen werden. Das beginnt zunächst mit einem breiten Fahrweg und einem Wahnsinns-Panorama, gewürzt vom Duft der Macchia. Überwältigend!

Auf schmalerem Weg gelangen wir dann zur Televrina, mit 588 m.ü.d.M. Top of Losinj. Nach wie vor tolle Aussicht. Das gilt auch für Sv. Mikola, einer kleinen Kapelle und erklärtem Lieblingsplatz des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Rudolf im Jahr 1887 (wieder so’n kleiner Angeber-Fact, den man natürlich nicht wissen muss – fragt mich nächstes Jahr nochmal ;-)). Hier öffnet sich der Blick vor allem zum S-Ende von Losinj hin.

Ab hier sind es noch 5 Stunden bis Cunski, sagt ein Wegweiser. Wow! Es ist bereits Viertel nach Drei! So lang ist die Strecke doch eigentlich gar nicht, aber der Weg ist ganz schön anspruchsvoll, wie wir im weiteren Verlauf sehen werden.


Der Kalkrücken, über den wir gehen, ist voller Erosionslöcher und Spalten mit scharf gezackten Graten dazwischen. Im Auge des Geologen ein wunderbares Beispiel für Karst, im Auge des Wanderers ein Sch…-Gelände und dementsprechend schwierig zu begehen. Und auch nicht ungefährlich: Ein falscher Tritt und wir können den Heli rufen. Nur wie ohne Mobilfunknetz? Die Erkenntnis macht sich breit, dass diese Etappe in jeder Hinsicht der Höhepunkt der Tour ist. Landschaftlich sowieso, aber auch, was Anforderungen und Anstrengung anlangt.


Nach einer Stunde stellen wir fest, dass die Zeitangaben durchaus zutreffend sind, jetzt also noch vier Stunden. Mit Pausen wären wir nicht vor halb neun zurück. Dabei werden Beine und Füße immer müder. So schön das Panorama auf diesem Bergrücken auch ist: das geht grad nicht zusammen! Nach kurzer Diskussion inkl. der Enttäuschung darüber, dass wir diese Etappe nicht wie geplant abschließen können, entscheiden wir uns, noch ein Joch (und eine Stunde) weiter zu gehen. Dort gibt es die letzte Möglichkeit vor Cunski, den Grat zu verlassen.

Gesagt, getan, geflucht. Es ist einfach nur anstrengend: entweder geht es weglos über scharfkantige Karrenfelder oder fast genauso weglos über rutschiges Kalkgeröll. Tatsächlich sind wir froh, als wir endlich nach Sv. Jakuv absteigen können. An der Straße entlang laufend, halten wir immer wieder mal den Daumen raus und nach einem knappen Kilometer erspart uns ein junges Paar die letzten 5 km Asphalt.


Alles in allem ein Tag voller Höhepunkte: der höchste Punkt von Losinj, das beste Panorama, die härteste Etappe und die höchste Zahl geäußerter Flüche! Irgendwie sind wir trotzdem zufrieden!

Time: 11.4.2025, 10:29: |
Duration: 08:14:19 |
Ascent/Descent: | Distance: 21.51 km |
Also ihr beiden, ich kriege beim Lesen immer schon Schweißausbrüche und Schnappatmung. Was bin ich froh nur die Berichte lesen zu dürfen. Ihr seid einfach echt gut drauf😀
😅