Etappe 9 – Beton kann so schön sein!

12. April

Tamariske mit Besuch am Ortsrand von Cunski

Gleich unterhalb von Cunski kommen wir ans Wasser. Türkis empfängt es uns und unglaublich klar, kein bisschen Trübung ist zu sehen, man kann jeden Stein am Grund erkennen. Genauso wie die kleinen Fische, die sich am felsigen Ufer offenbar sicher fühlen.

Die heutige Etappe ist zwar nur 9,2 km lang, gilt aber wiederum als „hard“. Das liegt wohl daran, dass man die ganze Zeit an der felsigen Küste entlang läuft. Ohne Weg, nur den Markierungen folgend. Und wieder haben wir erodierten Kalk unter den Füßen mit Löchern und Rillen und Scharten, aber durch die salzige Umgebung und zeitweilige Brandung rauer als gestern.

Unser „Weg“

Zeitweise gehen wir ganz angenehm auf geneigten Platten, aber dann auch wieder auf den dermaßen scharfen, steil stehenden Kanten der Felsen, dass mich eine leichte Angst beschleicht, die Schuhsohlen könnten durch mein darauf lastendes Körpergewicht zerschnitten werden. Was natürlich nicht passiert! Es ist ein echter Spitzentanz!

Plötzlich zerkratzt ein Motorboot die Stille. Es fährt in die Bucht ein, die wir gerade umrunden. Der Motor wird abgestellt und drei Männer holen ihre Angeln raus. Es gibt sicher weniger schöne Plätze, um für sein Mittagessen zu sorgen!

Geißkleeartiger Hornklee

Wir erreichen den Tovar, einen Hügel, der den südlichen Eingang der Stadt Mali Losinj bewacht und deshalb durch verschiedenste Herrschaftsformen hindurch seit 160 Jahren militärisches Sperrgebiet ist. Immerhin dürfen wir drumherum laufen, in einem schmalen Korridor, dessen Grenzen in engmaschigen roten Markierungen auf die Felsen gemalt sind. Zusätzlich warnen noch Schilder vor möglichen Minen. Die sehen allerdings so alt wie unglaubwürdig aus.

Irgendwann haben wir auch den heutigen Spitzen- und Kantentanz beendet und landen in einer Badebucht mit angeschlossenem Campingplatz. Da auch die eigentlich felsig ist, sind etliche Wasserzugänge künstlich hergerichtet und wir landen auf festen Betonwegen. „Beton kann so schön sein“, sagt Uta mit einem inbrünstigen Seufzer der Erleichterung!

Beton kann so schön sein!

Da es ja eine Badebucht ist, und nicht nur Betonwege ans Wasser führen, sondern auch Leitern hinein, versuche ich mein Glück. Aber im April ist das Mittelmeer doch noch lausig kalt. Mein Kreislauflimit ist knapp unter der Brust erreicht.

Badeversuch

Mali Losinj erreichen wir an der Privlaka, einem 8 m breiten Kanal, der die hier nur 80 m breite Insel durchschneidet, um von Osten kommenden Booten einen Zugang in den windgeschützten Hafen von Mali zu ermöglichen, ohne die Südspitze der Insel umfahren zu müssen.

Die Ausläufer von Mali Losinj sind in Sicht

Dann holt uns die Zivilisation endgültig wieder ein. Autos dröhnen vorbei, Bagger heben Baugruben aus und irgendwo kreischt der Winkelschleifer.

Privlaka – 8 m breit, 80 m lang

Eine für April erstaunliche Schwüle liegt über der größten Stadt der Insel, als wir diese schließlich entlang des Hafengeländes erreichen. Abblätternder Putz, sich an den Fassaden festhaltende Klimaanlagen und vor den Häusern blühende Mittagsblumen verbreiten einen Charme, der zwischen morbide und hoffnungsfroh schwankt.

Nach dem insgesamt eher schäbigen Eingang kommt das Vorzeigeviertel: Gehwegplatten aus glatten, weißem Kalk, eben verlegt und fehlerfrei verfugt liegen den Touristen auf der Flaniermeile zu Füßen. Überall stehen Dattelpalmen und große Kakteen vor weiß oder farbenfroh frisch verputzten Häusern. Und auch die obligaten Yachten am Ende des Hafens fehlen nicht.

Wir suchen unsere Unterkunft auf und freuen uns schon auf einen entspannten Abend am Hafen mit fangfrischem Fisch und im Glas funkelndem Wein. Wir sind halt auch nur Touristen, wenn auch vielleicht zeitweise etwas verschwitzter als andere.

Time:
12.4.2025, 10:03:
Duration:
06:21:25
Ascent/Descent:
230 m 310 m
Distance:
10.89 km
Kommentare abonnieren?
Benachrichtige mich bei
guest
4 Kommentare
neueste
älteste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anschauen
Viktor
7 Tage zuvor

Bei dem Untergrund musste ich direkt an die armen Schuhsohlen denken – und hoffen, dass sie nicht den geist aufgeben… und zwei Sätze weiter lese ich, dass ich nicht als einziger solche Gedanken hege. Gut, dass nichts passiert ist.

Birgit
Birgit
7 Tage zuvor

Jeder Tag mit euch ist ein Erlebnis. Danke