Schweidnitz und das Sudentenvorland

Nein, das ist noch nicht der letzte Tag in Polen, wie Viktor in seinem Kommentar vermutete! Und das liegt daran, dass der Eurovelo – und ich damit auch – kurz vor der tschechischen Grenze noch einen Schwenk nach Osten macht, um die Sudeten an einer fürs Fahrrad günstigen Stelle zu überqueren. Aber erst einmal fahre ich ach dem Frühstück nochmal nach Schweidnitz hinein, um ein kurzes Sightseeing-Programm zus absolvieren. in der Zeit kann sich auch das Zelt vom Tau der Nacht erholen.

In der Stadt wird jetzt aufgeräumt, die Bühne ist schon abgebaut, die Blumenverkäufer stellen wieder ihre Ware auf den Markt. Die Gläubigen eilen zum Dom, wo um 10 Uhr die Messe beginnt. Vor dem Dom steht eine überlebensgroße Figur von Papst Johannes Paul II., dem polnischen Papst. Mancher Messebesucher berührt die Bronzeskulptut im Vorbeigehen, bevor er den Dom betritt. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass dieser Papst in Polen mehr verehrt wird als Gott selbst.

Der überlebensgroße Johannes Paul II. vor dem Schweidnitzer Dom

Vor allem aber will ich mir die Fachwerkkirche anschauen. Diese wurde als eine von drei im Rahmen des Westfälischen Friedens (1648) von den Habsburgern erlaubte protestantische Kirche erbaut – daher auch der Name Friedenskirche. Dies aber unter strengen Auflagen: die musste außerhalb der Stadtmauern entstehen, aus nicht dauerhaft beständigem Material erbaut werden (als solches galt Holz, Lehm und Stroh), die Form durfte nicht an eine Kirche erinnern und sie musste innerhalb eines Jahres erbaut werden. Die Schweidnitzer schafften es in wenigen Monaten, auch wenn viele Einrichtungen und Verzeierungen erst später dazu kamen. Z. B. der reich verzierte hölzerne Altar aus dem 18. Jhd oder die Kanzel und die Orgel mit ihrem Barock-Prospekt aus dem 17. Jhd. Die Kirche ist die größte Holzkirche Europas – sie bietet Platz für 7.500 Menschen – und ist von der UNESCO 2001 als Weltkulturerbe eingetragen. Ich muss aber dann doch erst das Zelt abbauen und nochmal wiederkommen, weil die Kirche sonntags erst ab 12 Uhr zur Besichtigung geöffnet ist.

Die Schweidnitzer Friedenskirche

Kanzel (links im Vordergrund) und Altar der Friedenskirche

Die Orgel mit ihrem barocken Prospekt

Deckenmalerei auf Holz

Nun ist es aber Zeit, mal wieder ein Stück zu fahren. Mit den bewaldeten Höhen der Sudeten immer rechts von mir, fahre ich nach Osten, meistens zügig auf Asphalt, ab und an aber auch mit kleinen Schikanen. Sandwege schrecken jetzt zwar nicht mehr mit Sandwannen, dafür sind sie mitunter recht steinig. Diese Hügellandschaft gefällt mir doch wesentlich besser als die monotone, güllegetränkte Weite Wielkopolskas, besonders wenn dann noch der Ausblick auf eine schöne Flussschleife wie die der Nysa Kłodzka, einem Nebenfluss der Oder, dazu kommt.

steinige Sandpiste

Kirchenportal in Bielawa

unterwegs im Sudentenvorland

die Nysa Kłodzka

So, langsam wird es Zeit für eine Übernachtung. Ein Schild weist auf einen Campingplatz 100 m von der Straße entfernt hin. Es werden 700 m, bis ich vor einem verschlossenen Tor stehe. Nur ein Hund verbellt mich. Ich rufe laut „Cześć?“ (Hallo?). Nach einiger Zeit kommt ein Mann aus dem Haus hinter dem Tor, seine Fahne ist stärker als sein Gang, mit dem er auf mich zu wankt, um mir dann zu verstehen zu geben, dass der Platz geschlossen ist. Wenn ich ihn Recht verstehe, ist wohl der Fiskus Schuld – irgendeiner muss ja schließlich Schuld sein! Ich fahre – nicht gerade enttäuscht – die 700 m zurück und weiter zum nächsten Platz, auf dem ich die Nacht alleine verbringe!

Und weil es heute ziemlich spät geworden ist, schreibe ich den Beitrag erst morgen 😉

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