Der große Hügel, die Bastide und ein Gravel-Abenteuer

Samstag, 14. Juni 2025

In den 1960er Jahren wurde der touristische Kuchen der westlichen Mittelmeerküste hauptsächlich in Spanien verspeist. Das wurmte die Franzosen und so beschlossen sie, im Languedoc-Roussilion einen „großen Hügel“ (frz.: La Grande Motte) zu etablieren, mit Yachthafen, Campingplätzen und natürlich Ferienwohnngen. Wahrzeichen der Stadt sind die vom Architekten Jean Balladur terrassen- und pyramidenförmig angelegten Hochhäuser. Schön kann anders sein, aber in ihrer Konsequentheit bestechend ist diese Architektur auf jeden Fall.

Fahrradführung und Radwege-Qualität sind allerdings nicht beeindruckend. Zum Teil über Platten mit breiten Längsfugen, zum Teil sehr holprig, dann wieder gegen Einbahnstraßen, die aber viel zu schmal dafür sind, läuft die ausgeschilderte Wegführung. Und das auf dem Eurovelo 8!

Vielleicht 70 Jahre älter, aber vom Charakter her ganz anders als La Grande Motte ist Le-Grau-du-Rois. Ihm sieht man das Fischerdorf noch an, als das es Ende des 19 Jahrhunderts gegründet wurde, obwohl der Kanal des Königs, so die deutsche Übersetzung des Ortsnamens, bereits im 16 Jahrhundert entstand.

Wieder ganz anders ist Aigues-Mortes. Im 13 Jhd. von Ludwig dem Heiligen als Mittelmeerhafen angelegt, wurde die Stadt mit einem streng rechtwinkligen Straßenraster und einem zentralen Marktplatz konzipiert. Solche Stadtanlagen bezeichnet man als Bastiden. Umschlossen wird das Ganze durch die Stadtmauer, die den rechtwinkligen Grundgedanken in ein wehrhaftes Quadrat einfasst. Heute ist Aigues-Mortes eine der größten noch erhaltenen mittelalterlichen Festungsstädte.

Wenige Kilometer hinter der Stadt beginnt mein Gravel-Abenteuer, die Strecke, die mich zwar holperig, aber autofrei nach Saint-Mairies-de-la-mer führen soll.

Tatsächlich ist es erstmal eine sehr breite, wenn auch nicht asphaltierte Straße, die durch Weinäcker schnurgeradeaus verläuft. Aber bald schon wird der Weg schmaler und verläuft sandiger zwischen hohen Sumpfgräsern. Schließlich löst er sich in zwei Fahrspuren auf. Dann sind auch die Weinanbauflächen wieder da und mit ihnen die breite ungeteerte Straße.

Was für eine weite Landschaft! Hier ist alles absolut flach. Auf der einen Seite die Weinreben, auf der anderen ein Flickenteppich aus Schilfgras und Brackwasserflächen.

Rechts von mir liegt auf einmal ein trockener Salzsee. Natürlich muss ich mir das mal angucken und weil das so ungewohnt ist, fahre ich auch gleich ein Stück darauf weiter, bis ich merke, dass der Boden halt schon etwas weich ist und das Fahren deswegen anstrengender. Also will ich wieder nach links hinüber zu meinem Weg, nur ist zwischendurch auf einmal ein Wassergraben dazwischen gekommen, sodass ich leider mit dem Rad nicht rüberkomme. Also fahre ich notgedrungen soweit zurück bis ich wieder auf den Weg komme.

Auf dem Salzsee

Aber was heißt schon Weg? Der wird immer schmaler und schmaler und auf einmal ist kein Durchkommen mehr.

Der einzige Ausweg geht nach rechts, wo ein Stacheldrahttor mit einem unmissverständichen „proprieté privée“-Schild steht, das ich aber ignoriere.

Dahinter erwartet mich wenigstens wieder eine gut befahrbare Schotterstraße. Zumindest bis zu dem per Code gesicherten Tor. Oops! Was nun? Links vom Tor ist ein ganz schmaler Spalt. Wenn ich die Taschen vom Rad nehme und das Rad hochkant dadurch schiebe, vielleicht ewas anhebe, müsste es eigentlich gehen. Ich muss nur aufpassen, weil am linken Pfeiler Stacheldraht ist und der sollte den Reifen nicht zu nahe kommen (mir auch nicht)! Tatsächlich funktioniert es! Dann bin ich wieder auf Asphalt. Genug Abenteuer für heute! Ich plane schnell um und lade den neuen Track auf mein Navi. Die restlichen 15 km gehen jetzt geteert unter die Räder!

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