Regen

Montag, 2. Juni 2025

Was für ein Lärm in der Nacht! Entweder prasselte der Regen heftig auf die Straße vor meinem Fenster oder es donnerte. Oder beides gleichzeitig. Und wenn schon nicht die Blitze mein Zimmer erhellten, dann war es das Wetterleuchten der umliegenden Gewitter. Ich bin jedenfalls nicht unfroh, dass das mit dem Zelten nicht geklappt hat.

Recht hat er!

Es ist doch immer wieder schön, welche Begegnungen man auf so einer Reise hat: Meine Gastgeber Sylvie und Michel sind selber erfahrene Tourenradler und haben drei Jahre lang die Welt umrundet. Leider kehrte Michel krank von der Tour zurück. Er hatte sich eine Brucellose eingefangen, eine Infektionskrankheit, die lange nicht diagnostiziert wurde und an der er fast zwei Jahre lang laborierte. Und davon war er über ein Jahr im Krankenhaus! Das ist zum Glück mittlerweile Geschichte und Michel ist wieder heiß auf neue Radtouren. Wir trennen uns nach einem ausgiebigen Frühstück.

Ich fahre über kleine Straßen und dann eine ehemalige Bahnstrecke, die die ganze Zeit leicht an Höhe gewinnt. Dabei beträgt die Steigung maximal 3%, sodass man sie kaum bemerkt. Dann bin ich in Salies-de-Bearne, einem alten Kurort. Das Badehaus von 1857 wird wohl noch genutzt, wobei gleichzeitig auf der anderen Seite des Kurparks der Verfall vor den alten Villen nicht Halt macht.

Salies-de-Bearne

Seit ich losgefahren bin, regnet es mit nur kurzen Unterbrechungen. Unter meinen Rainlegs fühlt es sich mittlerweile feucht an. Wie alt sind die noch? 16 Jahre? Alle Nachhaltigkeitsbemühungen in Ehren, aber vielleicht hätte ich sie ja doch mal erneuern sollen.

Die Bewässerungsanlage braucht heute keiner!

In Orthez gibt es eine gut erhaltene Brücke aus dem Mittelalter. Auf ihr treffe ich eine alte Frau, die mich auf Französisch anspricht, sodass ich sie nicht verstehe („Moi francaise est minimal!“) Als ich dann frage, ob sie Englisch oder Deutsch könne, sagt sie „deutsch“ und ich erfahre, dass sie vor 70 Jahren bei ihrer Arbeit im Krankenhaus einen Spanier kennengelernt hatte, dem sie nach Bordeaux folgte. Wo die Liebe halt so hinfällt! Dabei muss das als Deutsche im Frankreich der 1950er-Jahre nicht gerade einfach gewesen sein! Nun lebt sie seit 30 Jahren in Orthez.

Die alte Brücke in Orthez

Nach einer ausgiebigen Mittagspause, in der ich trotzdem nicht so richtig trocken werde, fahre ich durch eine schöne Seenlandschaft. Tatsächlich sind die „Barthes de Biron“ großzügig und sehr naturnah angelegte Fischteiche, an denen sich auch diverse Reiherarten finden. Friedliche Koexistenz zwischen Anglern und Reihern!?

Angleridyll an den Barthes de Biron

Apropos Reiher: Neben vielen Kuhreihern traf ich heute schon eine leider bereits tote Zornnatter an und einige Nutrias. Und natürlich Milane, Krähen und auch was man sonst so an Singvögeln von uns zu Hause kennt.

Der Regen geht mir zunehmend auf den Zeiger. Nach der Mittagspause war ich wenigstens nur noch feucht und nicht mehr nass und anschließend regnete es auch eine halbe Stunde lang überhaupt nicht. Jetzt habe ich in Lagor Zuflucht in einem Buswartehäuschen gefunden und suche nach einer Unterkunft. Bis Pau, wo ich heute eigentlich hin wollte, ist es mir jetzt zu weit – es ist schon 16 Uhr. Immerhin finde ich eine Unterkunft nur wenige Kilometer entfernt. Die nehme ich jetzt einfach.

Mourenx

Mourenx ist eine Retortenstadt, ziemlich hässlich. In einem Aldi fülle ich meinen Proviant auf und wärme mich anschließend in einem Café auf. Ein interessantes Etablissement: Fliesenboden, ein Kicker, ein Billardtisch, eine Eistruhe, ein Papagei im (und neben dem) Käfig, ein Fernseher an der Wand, unter den ich mich setze und in die Gesichter der faszinierten Zuschauer schaue. Ach ja: eine Theke gibt es auch und dahinter steht eine große Kaffeemaschine! Ich bestelle einen Cappuccino. Der Anfang kommt mir bekannt vor: ein Espresso und aufgeschäumte Milch. Aber dann kommt der Griff in den Kühlschrank und mein Cappuccino bekommt noch eine riesige Sprühsahnehaube. Sachen gibt’s!

Der Papagei

Kurz darauf beende ich den Tag schon wieder mit einem festen Dach über dem Kopf und einer warmen Dusche!

Time:
2.6.2025, 09:50:3
Duration:
07:10:14
Ascent/Descent:
633 m 538 m
Distance:
56.90 km
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Hempfling Doris und Eckhard
Hempfling Doris und Eckhard
17 Tage zuvor

Hallo Tom, wenn Du nach Pau kommst, könntest Du Corinna und Dirk (aus Kassel) von Doris und Eckhard herzlich grüßen, die demnächst in ihrem Wintergarten mit Blick auf die reifenden Kirschen Dirks Geburtstag feiern werden. Vielleicht bieten sie Dir auch- auf dezente Nachfrage (tel oder Whatsapp) – ein Nachtlager an.033 651770408 Dirk – 033633144660 Corinna