20. Juli
Der heutige Episode endet zwar reichlich nass, aber nur über den Regen zu berichten, würde dem Tag nicht gerecht. Deshalb wie immer chronologisch:
Wie immer sind die Temperaturen am Morgen erträglich, und die Welt in beinahe noch meditativer Stimmung.
Nachdem ich kurz nach Kitzingen hinein gefahren bin, nehme ich mir für Ochsenfurths schöne Altstadt etwas mehr Zeit. Hier kommt der Name übrigen wohl tatsächlich daher, das hier Ochsen durch eine Furth getrieben wurden. Denn sie zieren sogar das Wappen der Stadt! Ich kaufe noch für mein Mittagessen ein und besuche einen Elektronikladen, in dem ich mein verloren gegangenes Handy-Ladekabel ersetzen kann. So wird es 11:30 Uhr, bis ich weiterkomme.
Es ist 27 Grad warm und schwül.
Ich verlasse nun den Main, dem ich zwei halbe Tage lang gefolgt bin. Auch wenn es einige schöne Passagen gab, lief mir der Weg doch zu häufig neben der lauten Straße her.
„Ich verlasse den Main“ heißt natürlich auch: es geht bergauf. Aber das sehr angenehm! Gleichmäßige sanfte Steigung, teils ins Gelände eingeschnitten, teils auf einem Damm: sieht schwer nach Bahntrassenradweg aus. Es ist der Gaubahnradweg, wie sich später zeigt. Herrlich, wie die Trasse die Unebenheiten der Landschaft glattbügelt. So lässt es sich jedenfalls gut fahren. Meistens auch noch im schattigen Wald. So geht das fantastische 23 Kilometer bis Biberehren.
Auf der Albhochfläche geht es dann allerdings auch durch Felder und damit voll in der Sonne. Überall sind jetzt die Mähdrescher im Einsatz. Morgen soll es regnen und es gibt sogar Unwetterwarnungen, da wollen die Bauern die Ernte wohl lieber jetzt schon reinholen.
Nach einer Mittagsrast in Bieberehren mit anschließendem Lunchkoma ist auch das Weiterfahren heute sehr anstrengend bei der Schwüle. Ich fahre noch wenige Kilometer nach Creglingen, um dann den Weg am Herrgottsbach entlang zur Herrgottskirche zu nehmen.
Hier war ich vor vielen Jahren schon einmal mit dem Gospelchor. Aber die feinen Schnitzereien an dem dreiflügeligen Altar von Tilman Riemenschneider hatten es mir damals schon so angetan, dass ich mir das gerne wieder gebe! Und wieder sitze ich ergriffen vor dem sechs Meter hohen Schnitzwerk mit seinen feinstens ausgearbeiteten Details und den Gesichtern, die allesamt ausdrucksstark modelliert sind. Traurig nur, dass er nach seinem Engagement für die Bauern und Würzburger Bürger im Bauernkrieg gegen Fürstbischof Konrad II. von Thüringen nie wieder einen Auftrag bekam (Bischöfe sind offenbar sehr nachtragend).
Am Nachmittag kommen Quellwolken auf. Manche sehen auch ziemlich grau aus, aber sie alle haben den Vorteil, dass sie die Sonne abschatten und dadurch die Schwüle erträglicher machen.
Der Regen, der heute noch gar nicht fallen soll, kommt, als ich gerade mal wieder Pause mache. Aber laut Regenradar ist es nur eine ganz kleine Zelle. Im Norden ist blauer Himmel, im Süden sind graue Wolken. Dumm nur dass ich genau in diese Richtung fahre. Aber tatsächlich ist der kleine Schauer bald schon vorbei und ich fahre weiter.
Der Regen, der keiner ist, wird immer mehr. Ein merkwürdiges Fahren ist das: von oben kühle Luft und kühler Regen, von unten haucht mir der Asphalt seinen feucht-warmen Atem ins Gesicht. Und auch im Regenradar ist aus der kleinen Regenzelle plötzlich eine Gewitterwarnung geworden.
Als ich gerade den Anorak angezogen habe, hört es natürlich erstmal auf zu regnen. Egal, jetzt habe ich ihn an und das ist auch gut so, denn kurz drauf fallen auf einmal Unmengen Wasser vom Himmel. Ich stelle mich, schon ziemlich nass, in einer Scheune unter und warte mal ab, was passiert. Nun donnert es auch noch. Aber irgendwann kommt die Sonne wieder durch. Also wieder aufs Fahrrad. Aber: Fehlalarm! Schon prasselt es wieder los. Bald bin ich durch. Ich kann mich gerade noch auf eine überdachte Fußgängerbrücke retten, auch wenn ich nicht der Erste mit dieser Idee bin: Hier stehen schon drei Vespa-Fahrer. Alle drei klatschnass, alle drei ohne Regenkombi, weil: es ist ja Sommer!
Schließlich ist auch dieser heftige Schauer wieder vorbei und ich finde meinen Campingplatz, auf dem ich das Zelt immerhin trocken aufstellen kann!
Mein Wespenstich hat sich übrigens ziemlich weiterentwickelt. Jetzt
zieht die Schwellung auf den Handrücken. Und das trotz Salbe und Cetirizin. Das erinnert mich an den Bremsenstich, den ich mal hatte, als ich mit Leo im Bergell war. Danach war die Hand so geschwollen, dass ich die Finger nicht mehr krümmen konnte. Allerdings hatte ich auch rein gar nichts zum Behandeln dabei. Soweit wird’s also wohl nicht kommen!
Time: 20.7.2024, 08:41: |
Duration: 09:19:00 |
Ascent/Descent: 890 m 530 m
| Distance: 82.66 km |
Hoffentlich macht der Wespenstich dir nicht noch mehr Ärger. Wäre doch schade, wenn eine große Tour durch einen kleinen Stich verdorben würde.
Ich hab bei der extremen Schwüle hier im Rheinland gestern an dich gedacht, ob du vielleicht ein Pause einlegst. Respekt, dass du durchgeradelt bist.
Alles Gute für die nächsten Tage!