Was ist besser? Betonplatten oder Gegenwind?

Boah, was für ein Frühstück! Wurst, Käse, Tomaten, Gurken, Radieschen, Rührei, gekochte Eier in Erbsen-Mayonaise, Salate, Melonen, Kuchen,… Ansonsten ist heute Maria Himmelfahrt, einer der höchsten Feiertage in Polen. Und so war im Fernseher, der im Frühstücksraum leider lief, der Papst zu sehen, allerdings der polnische und ohne Zeitangaben oder Archiv-Vermerk. Weiß man in Polen, dass wir mittlerweile zwei Päpste weiter sind?

Siebeneinhalb Kilometer nach dem üppigen Frühstück bin ich wieder an der Weichsel angekommen und damit an meiner Tour. Das letzte Stück allerdings auf den ungeliebten Lochplatten, auf denen es jetzt auch erst einmal weitergeht. Die großformatigen Betonplatten ohne Löcher sind auch nicht besser, die rütteln einen wegen der Höhenunterschiede zwischen den breiten Fugen sogar eher noch mehr durch. Schneller als 12, 13 km/h kann man so nicht fahren. Aber nach zwei Kilometern ist auch das vorbei. Links und rechts sehe ich jetzt Höhenrücken, die die Breite des hier mehrere Kilometer weiten Weichseltals markieren.

Die Polen sind schon ein sehr gläubiges Volk. Laufend sieht man Kreuze am Straßenrand oder mehr noch Marienaltäre, die mit bunten Bändern geschmückt sind. Sehen auch die Häuser manchmal etwas heruntergekommen aus, die Kirchen sind es nicht, selbst in den kleinsten Dörfern. Dafür, dass heute Feiertag ist, wird aber ganz schön viel gearbeitet: da werden Häuser verputzt und Bretter gesägt, selbst die Läden haben auf – zumindest die kleinen „Skleps“, so etwas wie unsere „Tante-Emma-Läden“.

Marienaltar am Straßenrand

ein Tante-Emma-Laden auf polnisch

Mittlerweile sind die Betonplatten verschwunden, ich fahre nur noch auf kleinen asphaltierten Straßen – super! Wenn ich mal anhalte, hört man nichts außer dem Rauschen des Windes in den Bäumen. Dafür sehe ich immer wieder Schwärme von Staren und Spatzen, vereinzelt Stieglitze und Schwalben, die sich, wenn sie nicht gerade Insekten jagen, auf den Leitungen sammeln, die sich von Mast zu Mast hangeln. Das Gelände wird hügelig. Auf ganz glattem Asphalt radel ich einen Berg hoch – gegen den Wind – und dahinter wieder hinunter. Die Tachonadel schnellt auf über 40 km/h, als in einer Abzweigung wieder der alte löchrige Asphalt die Regentschaft übernimmt. So ein Mist, ausgerechnet, wenn’s mal läuft, muss ich bremsen!

In Grudziądz/ Graudens mache ich Mittagsrast. Aus der Stadt heraus geht es über eine mehrspurige Ausfallstraße, zwar auf separatem Radweg, aber laut ist es dennoch und schön ist anders. Ich denke, hier kann die EV9-Trasse noch deutlich optimiert werden, zumal mein Navi auch Radwege an der Weichsel anzeigt. Auch mein Feind, der Wind greift wieder frontal an. Aber sieben Kilometer hinter der Stadt komme ich endlich wieder auf kleinere Straßen und noch einen Kilometer weiter wieder an die Weichsel. Nun geht es kilometerlang auf Fahrradwegen an der Landstraße entlang, durch Grünland, Felder, kleine Wälder und immer wieder Siedlungen, die aussehen, als müsste bald eine Stadt kommen, die aber auf sich warten lässt – alles eher unspektakulär.

Graudenzer Marktplatz

Nikolaus Kopernikus wird gerne als Fotopartner genutzt

Vor Chełmno / Kulm biegt der Eurovelo ab über die Weichsel. Nach Kulm will ich aber einen kleinen Blick hinein werfen. Hier ist am Rathaus die „Culmer Ruthe“ befestigt, ein 4,35 m langer Eisenstab, der eine Art „Urmeter“ war – zumindest für den Deutschorden. Aber warum nur hatten die Städtegründer des Mittelalters die Unart, ihre Städte auf Anhöhen zu errichten, zumal Kulm als Hansestadt ja auf den Zugang zur Weichsel angewiesen war! Aber verschwitzt bin ich ohnehin schon, da kommt’s auf die Steigung auch nicht mehr an.

Die Culmer Ruthe

Über die Weichsel

Ach ja, um noch mal auf die Anfangsfrage zurück zu kommen: die ist genauso sinnvoll wie die Wahl zwischen kein Bier und kein Wein!

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