In die Lüneburger Heide

Donnerstag, 10. Juli

Mit der Fähre geht es am Morgen von Glückstadt aus über die Elbe. Auf dem Weg elbaufwärts nach Stade kommen mir viele Radfahrer entgegen: Tagesausflügler mit kleinem Gepäck und Tourenradler mit großem. Kein Wunder, zählt der Elbradweg doch nach wie vor zu den beliebtesten Radfernwegen Deutschlands. Dabei ist zumindest der Teil der Strecke, den ich heute fahre, recht unspektakulär: immer unterm Deich lang, ab und an ein Haus, Schafe oder eine Apfelwiese. Und obwohl Uta und ich den Elberadweg 2013 (und 2018) schon selbst gefahren sind, habe ich an diesen Teil keine besondere Erinnerung. Kein Wunder!

Stade war Mitglied der Hanse. Heute noch gibt es viele schöne Fachwerkhäuser aus dem 17. Jahrhundert, die vom damaligen Reichtum der Stadt zeugen. Die meisten finden sich rund um den Fischmarkt, der „das“ touristische Highlight der Stadt ist.

Der Weiterweg führt ruhig und auch weiterhin unspektakulär nach Horneburg. Mal geht es durch den Wald und mal an der Bahnstrecke entlang.

Morgen soll es regnen. Und nicht zu knapp. Ich will deshalb heute schon ein Stück weit in die Lüneburger Heide hineinfahren. In Undelohe kann ich eine Unterkunft buchen. Heute noch bis dahin zu kommen, ist zwar ambitioniert, aber zu schaffen, denke ich.

Die Landschaft wird welliger. Wenn mich jetzt etwas bremst ist es weniger Gegenwind als vielmehr leichte Steigungen.

Heute gönne ich mir mal ein paar Kilometer Bundesstraße. B3, um genau zu sein. Zwar auf separatem Radweg, also ungefährlich, aber schon klar, warum das Motto von cycle.travel, meinem favorisierten Planungstool „life’s to short to ride busy roads“ heißt! Aber hier muss ich jetzt durch, weil ich zum Karlstein will, einem Findling, den der letzte Eiszeitgletscher vor rund 10.000 Jahren hat fallen lassen.

An der B3

Ich bin gerade oben angekommen (der Karlstein liegt auf einem Höhenzug, vermutlich einer ehemalige Rand- oder Seitenmoräne), da kommt eine junge Frau mit Hund und einem Riesenrucksack und setzt sich auf die Bank, die gegenüber dem Findling steht. Anne muss erstmal eine rauchen. Sie ist mit ihrem Cattle Dog Blue auf dem Heidschnuckenweg unterwegs von Celle nach Hamburg, wobei sie eigentlich schon in Hamburg war. Aber nur, weil ihre alten Schuhe ihre Füße dermaßen malträtiert haben, dass sie unbedingt neue brauchte. Also musste ein Ruhetag, eine Zugfahrkarte und dann ein neues Paar Schuhe her, die jetzt an ihren Füßen stecken, während die alten im Rucksack vor sich hinstinken (so ähnlich zumindest hat sie das ausgedrückt! :-)) Jedenfalls ist die Zeit mit ihr sehr unterhaltsam und kurzweilig und ich muss mich im Bewusstsein an die noch vor mir liegenden Kilometer regelrecht losreißen.

Wie sich die Landschaft seit dem Morgen verändert hat: Vor wenigen Stunden noch Elbe, Deiche und Wiesen, nun zunehmend Hochmoore voller Heidekraut, unterbrochen von Fichtenwäldern, Birken als Alleebäumen und ab und an Hafer- und Weizenfeldern. Ich bin in der Lüneburger Heide angekommen.

Die letzten Kilometer ziehen sich dahin. Das Gelände steigt permanent an und ich werde immer langsamer.

Eine Eidechse verschwindet, aufgewärmt durch den dunklen Asphalt, flink in das hohe Gras neben dem Radweg. So etwas sieht man natürlich viel eher, wenn man langsam fährt.

Schließlich habe ich die höchste Kuppe erreicht und fliege dahinter förmlich mit bis zu 40 km/h meinem Tagesziel Undeloh entgegen.

Undeloh ist ein kleine Gemeinde in der Heide. Nur ca. 950 Personen leben hier. Dafür gibt es ganz schön viele Hotels. Der Ort ist beliebt bei Ausflüglern und Kurzurlaubern aus den Räumen Hamburg und Bremen. Hier steht auch die 1189 erstmals erwähnte St. Magdalenen-Kirche mit ihrem separat stehenden hölzernen Glockenturm. Sie zählt zu den schönsten Heidekirchen. Hinein komme ich leider nicht mehr – sie ist nur bis 19:00 offen. Und morgen erst ab 10:00. Da bin ich vermutlich schon wieder auf Achse. Aber wie das immer so ist: Man kann nicht alles haben!

Time:
11.7.2024, 08:14:
Duration:
10:03:26
Ascent/Descent:
662 m 589 m
Distance:
106.02 km
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Nadja
Nadja
6 Monate zuvor

Lieber Thomas,
deine tägliche Updates über diesen Blog sind richtig toll! Und sie wecken Erinnerungen in mir 🙂 Die Lüneburger Heide wird auch von Hannoveranern gerne als Ausflugsziel angefahren – da war ich bereits mehrmals mit Rad und Zufluss unterwegs. Wenn du die gleiche Strecke mit Rad fahren wirst, die wir damals, dann erwarten dich bald einige sandige Passagen 😉
Eine gete und sichere Fahrt wünschen dir Nadja, Sebastian und Robert.
P.S.: Wir sind noch in Schweden und fahren morgen nach Åland rüber.