Yr Wyddfa / Mount Snowdon

Dienstag, 09.05.23

Ich fürchte immer noch, dass meine Pläne und mein Zeitbudget nicht ganz zusammen passen. Also gibt es eine zweite Planänderung, wobei die Rahmenbedingungen gleich bleiben:

  1. Ich will mit dem Fahrrad von Lands End nach John o’Groats fahren und
  2. Ich will unterwegs die höchsten Berge von Wales, England und Schottland besteigen.

Nur, dass ich nun nicht mit dem Fahrrad zum Yr Wyddfa (Mount Snowdon) fahren werde, sondern mit dem Zug. Das Rad bleibt derweil bei Jane und Adrian im Schuppen.

Nachdem Ich mich am gestrigen Ruhetag durch Fahrpläne und Buchungs-Apps gewühlt habe, bringt Adrian mich am Morgen zum Bahnhof von Hereford. Der innerstädtische Stau (der Bahnhof liegt auf der anderen Seite der Stadt) macht mich ganz nervös, während Adrian mir in aller Ruhe von seinen Abenteuern aus seiner früheren Profession als Schwertransport-Fahrer erzählt. Aber sieben Minuten vor Abfahrt des Zuges kommen wir an.

Vier Stunden fahre ich nun durch Wales. Bei Chester regnet es heftig, aber je näher wir Bangor kommen, desto besser wird das Wetter. Schließlich scheint die Sonne aus einem wolkendurchsetzten blauen Himmel. Ich schaue nochmal auf die Wetterprognose. Die ist tatsächlich für Morgen nicht so toll. Regen, zumindest Niesel und vermutlich kaum Sicht. Heute dagegen …

Prompt blitzt ein Gedanke in meinem Hirn auf: Und wenn ich heute schon …? Sechs Stunden soll der Durchschnittswanderer für die Tour brauchen. Wenn ich direkt den nächsten Bus von Bangor aus nehme, bin ich um 15:00 in Pen y Pass, dem Standort der Jugendherberge und Ausgangspunkt der Tour – 18:00 Gipfel – 21:00 wieder unten. Das müsste doch funktionieren!

Im Bus esse ich von meinem eigentlich für morgen vorgesehenen Tagesproviant. Am Pass angekommen, checke ich schnell in der Jugendherberge ein, die zumindest preislich eher ein Hotel ist, fülle die Wasserflasche auf und los geht’s.

Pen y pass youth hostel

Von Pen y Pass gehen zwei Routen auf den Gipfel. Von beiden heißt es, es seien felsige und schwierige Wege mit einigen „steep climbs“. Ich nehme den Pyg Track in Angriff, die „schroffste und anspruchsvollste Route zum Gipfel“. Respekt einflößend? Irgendwie schon.

Der Aufstieg ist mit Steinquadern
regelrecht gepflastert. Ist das schroff?
Auch sonst gibt es nichts wirklich schwieriges. Lediglich an einer Stelle ist die Wegfindung nicht ganz eindeutig, was aber höchstens bei Sichtweiten unter 10m zum Problem werden kann. Irgendwie fällt mir auch auf, das ich „climb“ intuitiv mit „klettern“ übersetzt habe, gemeint ist hier aber wohl eher „Anstieg“.

Jedenfalls stehe ich um 17:30 auf dem Gipfel. Es weht ein kalter Wind, aber die Sonne scheint und ich habe ein 360°-Panorama über den Snowdonia-Nationalpark. Außer mir sind noch ein paar Leute hier oben, aber überlaufen ist es nicht.

Summit no. 1 – Yr Wyddfa / Mount Snowdon

Während ich Pause mache, kommen wie in den Alpen zweiflügelige Staubsauger angerauscht, die auf Brotkrumen oder noch Schmackhafteres warten, nur dass es hier keine Dohlen sind, sondern Möwen!

Eine dreiviertel Stunde verbringe ich hier oben, genieße den Ausblick, unterhalte mich mit zwei Engländern, von denen einer „the three summits“ in 24 Stunden gemacht hat, lerne Steve aus Llanberries kennen, der mir halbwegs vergeblich versucht, mir die korrekte Aussprache des walisischen Doppel-l beizubringen (irgendwas zwischen weichem und hartem „ch“) und breche schließlich wieder auf, weil es mir dann doch zu kalt wird.

Zurück gehe ich über den einen Kilometer längeren Miners‘ Track, der an mehreren Seen entlang führt, während die Sonne längst auf der anderen Seite von Yr Wyddfa verschwunden ist.

Wetterbericht am Mittwoch, den 10.5.23

Am Mittwoch wäredas Wetter definitiv nicht so schön gewesen!

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Christa+Reppel
Christa+Reppel
11 Monate zuvor

Da kann ich nur mit offenem Mund staunen: Das war ja ein Kraftakt, so spät diesen anspruchsvollen Gipfel in Angriff zu nehmen. Als ich deine Zeilen las, dachte ich zuerst: Das schafft der Thomas nie, bei so spätem Start! Doch es ist dir gelungen: Herzlichen Glückwunsch! Du wurdest ja mit so einem tollen Panorama belohnt, dass ich vor Neid erblasst bin, als ich die Fotos angesehen habe. Besseres Wetter wünsche ich dir in erster Linie und viel Freude trotz aller Anstrengungen! Viele Grüße, lieber Thomas!

Birgit
Birgit
11 Monate zuvor

Also Thomas, beim Lesen bekomme ich schon Atemnot. Respekt kann ich da nur sagen. Teil dir deine Kräfte ein. Liebe Grüsse von deiner Cousine