„Kleine Fluchten“ nennt man heute wohl eher „Microadventure“, auch wenn es nichts anders ist als eine kurze Radtour. Und genau das habe ich mir vorgenommen, um den Kopf mal wieder von Corona, Putin und Klimakrise zu entlasten. Natürlich auch, weil das Wetter gerade passt. Und auch, weil es gerade eine relativ pollenarme Zeit zwischen Erle und Birke ist.
Eine 200km-Runde passt ganz gut ins etwas vorgezogene Wochenende und so will ich die Sieg hoch bis Windeck fahren, dann nach Altenkirchen rüber und die Wied runter zum Rhein, der mich wieder nach Hause bringen soll.
Aus Bonn raus geht es abwechselnd idyllisch an der Sieg oder laut an der Autobahn entlang. Erinnerungen an 2009 werden wach, unserer ersten „großen“ Radtour, die uns über Sieg, Eder, Weser, Steinhuder Meer, Elbe und Mecklenburger Seenplatte an die Ostsee führte.
Heute trinke ich den ersten Cappuccino des Tages allein in Hennef. Anfangs fahre ich noch mit Windjacke und Handschuhen, später reicht dann das Trikot. Am Kloster Merten, das heute ein Pflegeheim ist, mache ich Pause.
Nach der Mittagspause werden die Straßen so schmal und die Wege so ruhig, das ich nur noch den monotonen Singsang der Meisen, das ratternde Klopfen des Spechts und den heiseren Ruf des Bussards höre.
Allerdings hat mich das Navi auf einen Umweg geschickt! Oder besser gesagt: ich folge ihm unkritisch. Liegt wahrscheinlich am einsetzenden Lunchkoma. Die Vermutung, dass es einfach nur eine Siegschleife abkürzen will, erweist sich jedenfalls als falsch und ich finde mich plötzlich verschwitzt hoch über der Sieg in Süchterscheid wieder. Nach einer immerhin erholsamen Abfahrt finde ich mich dann eine Stunde später da wieder, wo ich mich sowieso schon befunden hatte. Zur „Strafe“ darf ich dann auf der anderen Seite der Sieg einen Berg hoch fahren, da das hier hohe und steile Ufer keinen Platz für einen Weg lässt.
Ein weiterer Cappuccino und eine Schokobanane laden die Energiespeicher wieder auf und ich schaffe es trotz des Umwegs noch bis Windeck. Im Dunkeln suche ich mir einen Platz zum Schlafen. In Anbetracht des Wetterberichts habe ich das Zelt zu Hause gelassen.
Hallo, Thomas, endlich mal wieder lebendige Nachrichten aus der von dir eroberten Natur, die den Kopf frei von all den augenblicklichen Zeitereignissen macht. Umwege und Anhöhen fordern dich heraus, da versinkt die Politik im Schwitzwasser und im Vogelgezwitscher. Es macht mir immer großen Spaß, an deinen Alltags-Auszeiten teilzunehmen. DANKE! Und gute Weiteerfahrt!
Perfekte Nutzung des herrlichen Frühlingswetters!
LG, Viktor