Gestern hatten wir einen langen Tag, an dem abends einfach die Luft raus war. Heute war es dafür umso entspannter. Und so sitze ich jetzt bereits am Nachmittag mit einem Kaffee in unserer Unterkunft und schreibe an diesem Artikel.

8. April
Aber mal wieder der Reihe nach:
Trotz gestriger Maskenfreiheit habe ich gut geschlafen, wenngleich heute morgen Nase, Augen und Gaumen jucken. Sicherheitshalber ziehe ich den Schnutenpulli beim Anstieg durch den Wald also erstmal wieder auf.
Kurz vor Lubenice quakt es uns von rechts an. In einem kleinen, offenbar angelegten Tümpel findet hier eine lebhafte Froschkonversation statt, die allerdings verstummt, als wir uns nähern.

Die Römer nannten Lubenice Hibernatia, da es hier auch im Sommer kalt sein kann, vor allem, wenn der Wind auffrischt. Im Mittelalter war der Ort eine nicht gnz unbedeutende, befestigte Siedlung. Davon zeugen noch mehrere Kirchen und zwei Stadttore. Heute ist der Ort wohl hauptsächlich im Sommer bevölkert – von Touristen. Eine herrliche Sicht auf die Kvarner Bucht und bis zur Südspitze Istriens hat man hier jedenfalls!


Nach Lubenice geht es zunächst ein Stück durch Nadelwald. Während wir durch grünes Zwielicht laufen, schimmert rechts von uns das Blau das Meeres zwischen den blättrig-grauen Kiefernstämmen hindurch. Über einen steilen, schmalen Bergweg knirschen wir mal über trockene Kiefernnadeln, mal stolpern wir über rutschiges Geröll oder steigen über kleine Felsstufen zum Helm hinauf, dem mit 482 m höchsten Punkt der Umgebung.

Kurz vor dem Gipfel machen wir eine Mittagspause auf einem felsigen Aussichtsbalkon mit Blick aufs Meer, begleitet von Eidechsen und Schwalbenschwänzen. Gut getimed, denn kurz drauf kommen wir auf einen Fahrweg, der uns schließlich ziemlich unspektakulär auf den höchsten Punkt führt, von dem man lediglich einen kiefernverhangenen Blick auf den Vrana-See hat. Bis in die 1950er-Jahre haben die Einwohner der Umgebung dort noch gefischt. Heutzutage sterben die Hechte im See an Altersschwäche, heißt es.

Wir teilen uns den heutigen Weg mit einem Mountainbike-Rennen. Zum Glück findet das „4 Islands Epic“ erst übers Osterwochenende statt, vermutlich könnten wir dann gar nicht hier herlaufen! Die Markierungen sind jedenfals unübersehbar, anders als diejenigen der Via Apsyrtides.
Unvermutet sehen wir ein paar Ziegen. Riesige! Fast eselgroß, z.T. mit schaufelartigem Gehörn! Leider sind sie sehr scheu und verschwinden von der Bildfläche, noch bevor ich überhaupt daran denken kann, die Kamera zu zücken. Kein Wunder: bei einer Internet-Recherche zeigt sich, dass diese wilden Ziegen auch als Ziel von Jagdreisen angeboten werden!
In Vidovici hat sich die Zahl der permanenten Einwohner von 150 im Jahr 1927 auf jetzt zwei reduziert. Tags drauf lernen wir Tamara kennen, die mit Mann und Tochter dort gerade ein altes Bauernhaus renoviert, um dauerhaft darin zu wohnen. Das deutet doch eine gewisse Trendumkehr an! Im Ort gibt es viele Baustellen, wohl hauptsächlich von Ferienhäusern. Ein bisschen dreist ist es aber schon, den Bauaushub einfach auf den Wanderweg zu kippen!


Nun zieht sich der Weg und wir sind ziemlich müde und lustlos, als wir an die Küstenstraße kommen. Wohin jetzt? Nach links, wo in einem Kilometer Entfernung unsere Unterkunft in Miholascica auf uns wartet oder nach rechts, wo ebenfalls einen Kilometer entfernt in Martinscica der einzige außerhalb der Saison bewirtschaftete Laden weit und breit liegt. Allerdings hat der nur morgens und abends für wenige Stunden auf und er öffnet erst in einer knappen Stunde. Wir entscheiden uns für links, obwohl wir für die nächsten Tage noch einkaufen müssen. Zum Glück! Denn in der Unterkunft erfahren wir, dass der Shop momentan nur morgens von 7-12 auf hat.

So muss der Einkauf bis morgen warten, auch wenn es dann zwei Kilometer sind. Hin. Und zurück natürlich auch.

Time: 8.4.2025, 08:50:4 |
Duration: 08:58:04 |
Ascent/Descent: | Distance: 18.32 km |
9. April
Die Nebensaison hat so ihre Tücken: nur wenige Übernachtungsmöglichkeiten abseits der (zwei) größeren Städte. Und wenn, dann gibt es kein Restaurant. Oder keinen Lebensmittelladen. Oder kein Restaurant und keinen Lebensmittelladen. Heute morgen muss ich jedenfalls erstmal den Einkauf für die nächsten vier Tage erledigen, der gestern ausgefallen ist. Also 35 min zu Fuß nach Martinscica und 35 min. zurück (naja, ein bisschen was konnte ich per Autostopp abkürzen, immerhin hielt eines der drei Autos, die vorbeikamen!) Aber dafür haben wir heute eine entspannte Etappe vor uns.

Von unserer Unterkunft müssen wir bis Stivan erst einmal weitere zwei Kilometer Straße laufen. Das bemerkenswerteste an dem Ort ist wohl der langjährige Pfarrer Dinko Muskardin, der als begeisterter Imker den Grundstein für die moderne Bienenzucht in Kroatien legte (ok, nicht wirklich wichtig, aber fun fact).


Nachdem wir den Asphalt verlassen, laufen wir abwechselnd durch kleine Wälder und offenes Gelände mit Wacholder-Sträuchern und Steineichen.

Plötzlich bleibt Uta, die vor mir geht, stehen und zuckt wieder einen Schritt zurück, sodass ich fast in sie hineinlaufe. Dabei zeigt sie auf eine Wurzel links des Weges. Aber die Wurzel lebt! Sie bewegt sich und schlängelt ihre mind. 80 cm vor uns über den Weg, um dann in einer Trockenmauer zu verschwinden. Zurück in der Unterkunft ergoogeln wir eine Scheltopusik, auf deutsch: Panzerschleiche, so eine Art Riesen-Blindschleiche! Faszinierend!

Wir halten Mittagspause in Ustrine. Das Dorf liegt am Rand eines 180 m hohen Bergrückens, der steil zur breiten Bucht von Porat abfällt - ein schöner Blick!

Allerdings läuft auch wieder der Betonmischer in Vorbereitung auf die Touristensaison. Wir stellen aber fest, dass es unbedingt auch Vorteile hat, diese Tour im April zu gehen: jetzt kann man Schokolade noch essen und muss sie nicht löffeln. Denn schließlich ist ein Leben ohne Schokolade zwar möglich, aber sinnlos (Entschuldigung, Herr v. Bülow für die Entstellung ihres Mops-Zitats).

Auf einem breiten Schotterweg laufen wir nahezu eben durch steinige, mit Trockenmauern eingefasste Felder, auf denen Ziegen grasen, rechts von uns in einiger Entfernung das Meer. Das hat durchaus etwas Meditatives. So ähnlich stelle ich mir das Wandern auf dem Jakobsweg vor, zumindest, wenn man einigermaßen alleine ist (also eher nie).

Egal, wir sind am Ziel unserer heutigen Etappe, der Straße von Cres nach Osor, über die wir per Anhalter wieder zu unserer Unterkunft in Miholascica gelangen.

Time: 9.4.2025, 09:30:5 |
Duration: 04:48:54 |
Ascent/Descent: | Distance: 11.42 km |
Oh, toll – eine lebende Panzerschleiche!!! Die hab ich bisher am Mittelmeer nur in überfahrener Form auf der Straße erblicken können… 🙁
Ich habe sogar einen kleinen Film von ihr. Das Foto ist ein Standfoto daraus. Die kam so plötzlich, dass ich mich zwischen Foto- und Filmkamera entscheiden musste…