Grenzstein 147

Donnerstag, 25. Juli

Weit habe ich es heute nicht mehr. Die Nacht werde ich in Obermaiselstein verbringen und den Abschluss morgen mit einem geliehenen E-Bike (und zu Fuß) durchführen. Ja, die letzten 500 fahrbaren Höhenmeter mache ich dann mal so wie alle hier – ich komme mir ohnehin schon wie ein Exot vor unter all den motorisierten Radlern.

Jedenfalls schlafe ich aus, frühstücke in aller Ruhe, packe meine Sachen und trockne das Zelt. So wird es 11 Uhr, bis ich losfahre.

Vom Zeltplatz aus geht es erst hinunter und dann natürlich direkt wieder hinauf. Im nächsten Ort biege ich links ab und versuche mein Glück mal wieder an der Iller, nachdem mein gestriger Versuch in Kempten vor einer Sperrung wegen eines Hangrutsches endete.

Aber heute klappt’s. Beschaulich geht der naturbelassene Weg immer neben der Iller her. Links der Fluss, rechts Wiesen, ab und an ein Bauernhof oder eine kleine Kirche. Die vielen Pfützen auf dem Weg zeugen aber noch von den reichlichen Niederschlägen der letzten Tage.

Infotafeln weisen mich darauf hin, dass es hier an der Iller Flussuferläufer, Wasseramseln, Gebirgsstelzen und Eisvögel geben soll. Natürlich sehe ich nicht einen von ihnen.

In Martinszell wechselt der Weg mal kurz auf Asphaltstraßen und -wege, bevor er wenige Kilometer weiter wieder zur Piste wird.

Ich halte in Immenstadt für einen Kaffee, in Sonthofen für einen Einkauf und in Fischen an einem Eiscafé.

So ein Spaghettieis ist schon lecker, bei der Übermacht an Wespen aber anstrengend zu essen. Als ich es trotzdem irgendwie geschafft habe, bringt die Bedienung einen Topf mit rauchendem Kaffeesatz (!) an den Nebentisch, an dem zwei weitere Opfer jetzt gegen die Wespenarmee kämpfen. Stinkt zwar, aber wirkt!

Nun muss ich nur noch ein paar Kilometer hinauf nach Obermaiselstein, wo ich von Tine und Volker mit offenen Armen empfangen und mit einer warmen Dusche, einem leckeren und sättigenden Abendessen und – nachdem irgendwie mal wieder das Thema darauf kam – auch einem Whisky verwöhnt werde.

Time:
25.7.2024, 11:11:
Duration:
06:33:12
Ascent/Descent:
1062 m 154 m
Distance:
43.64 km

Freitag, 26. Juli

Morgens übernehme ich dann das reservierte E-Bike.

Oh Gott, ist das ungewohnt! Nicht, dass ich nie E-Bike fahren würde - zu Hause nutze ich eins als Alltags-Rad - aber dieses hier ist ein Tiefeinsteiger ohne Oberrohr, so dass ich beim kurzen Anhalten aufpassen muss, dass es mir nicht wegkippt, weil ich es ja nicht zwischen den Beinen fixieren kann. Dann hat es eine Rücktrittbremse (!), wenn auch zusätzlich zu den beiden Scheibenbremsen. Den Sitz muss ich erstmal 20 cm höher einstellen, damit ich eine vernünftige Sitzposition hinbekomme. Es fährt sich wie ein Hollandrad, alles in allem absolut seniorentauglich!

Kurz vor Oberstdorf passiere ich den Iller-Ursprung, wo sich Trettach, Stillach und Breitach, aus ihren jeweiligen Tälern kommend, zur Iller vereinen.

Der Iller-Ursprung

An Oberstdorf fahre ich mehr oder weniger vorbei und ins Rappenalptal hinein.

Das Tal wird enger, je weiter ich hineinfahre und die Berge wirken immer höher. Da soll ich noch rauf? Dann steilt sich der Weg stark auf und ich bin froh um die Unterstützung, die mir der Bosch-Motor bietet. Es war schon definitiv die richtige Entscheidung, die letzte Etappe mit einem Pedelec zu absolvieren.

Im Rappenalptal

Am Ende der Fahrstrasse auf 1.300 Metern Höhe lasse ich das Fahrrad stehen und gehe zu Fuss weiter. Hier weist auch ein Schild darauf hin, dass man im Alpengebiet nicht Radfahren sollte. Trotzdem kommen einige Mountainbiker an mir vorbei und fahren zumindest noch bis zur allerletzten Alm im Tal.

Endgültig in reinem Fuß-Gelände angekommen, schraubt sich der Weg sehr steil und in vielen Windungen zur österreichischen Grenze hinauf. Auch wenn die Sonne jetzt schon ganz gut knallt, bin ich doch froh, dass sie noch lange nicht ihren Höchststand erreicht hat.

Blick zurück mit der markanten Trettachspitze (hinten rechts) in der Silhouette

Kühe spielen ihr Glockenspiel, während sie sich im Almwiesen-Schlaraffenland satt futtern. Bläulinge um schweren meine Füsse. Ein Murmeltier läuft den schottrigen Weg hoch und hat mich noch nicht bemerkt. Knapp 600 Höhenmeter geht es noch so hinauf.

Voraus das Haldenwanger Eck

Und dann stehe ich an meinem Zielpunkt in den Bergen, auch wenn es diesmal kein Gipfel ist. Sondern der Grenzstein 147, der südlichste Punkt Deutschlands. Genau drei Wochen, nachdem ich meine Tour am nördlichsten Punkt Deutschlands, am Ellnbogen auf Sylt begonnen habe.

Grenzstein 147, der südlichste Punkt Deustchlands

Ja, und das war's, oder? Naja, nicht ganz: Zum Abschluss und gewissermaßen zur Feier des Tages fehlt noch die Brotzeit, die ich nach dem Abstieg auf der "Schwarze Hütte" zu mir nehme. Aber jetzt ist wirklich fertig! 😊

Time:
26.7.2024, 07:30:
Duration:
04:24:21
Ascent/Descent:
2106 m 212 m
Distance:
35.13 km
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6 Kommentare
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Birgit Rüge
Birgit Rüge
3 Monate zuvor

Wie immer ein Vergnügen an deiner Tour Teil zu haben, ohne Regen, Mücken…. Einfach nur genießen. Danke dafür und du hast ja bestimmt schon neue Pläne.

Viktor
3 Monate zuvor

Super Tour – wie immer tolle Fotos, schön beschrieben und trotz der widrigen Wetterbedingungen und Wespenattacken heil angekommen. Herzlichen Glückwunsch und gute Heimreise!

Bernhard Meyer
Bernhard Meyer
3 Monate zuvor

Herzlichen Glückwunsch, tolle Tour und vielen Dank für die Teilhabe.