Wie eigentlich immer werde ich nicht müde, von Warmshowers-Erlebnissen zu schwärmen. Man trifft als Fremde aufeinander und nach einem Abend voller Gespräche hat man das Gefühl, als würde man sich schon ewig kennen! Aber natürlich musste ich mir heute morgen zunächst mal in Lohr die Schneewittchen-Skulptur anschauen, deren Gestaltung in der Lohrer Bevölkerung wohl heftige Emotionen verursacht hat, was sich inzwischen gelegt haben soll, weil nicht zuletzt der Streit einen enormen Publicity-Effekt zu Gunsten der Stadt bewirkt hat, soll heißen: die Kosten für die Statue haben sich längst amortisiert. So erklärte Thomas mir das gestern Abend. Ob die Skulptur nun zu recht umstritten ist oder nicht, davon kann man sich hier selbst ein Bild verschaffen:
Lohr hat aber auch seine klassisch schönen Ansichten:
Die zwei kurzen Regenschauer am Morgen sind längst durch, als ich in Marktheidenfeld mein Rad für eine Cappuccino-Pause im Franck-Haus auf den Ständer abstellen will und es sich dabei vertrauensvoll in meine Arme fallen lässt! Nanu? der Ständer gibt nach, weil … Ja, warum eigentlich? Es dauert einen Moment, bis ich merke, dass eine Schraube gebrochen ist, die den Ständer am Rahmen hält, halten soll – offenbar noch eine Nachwirkung des „Auffahrunfalls“ auf dem Weg von Köln nach Aachen, bei dem das aufgebockte Rad umgefallen war. Ich suche den nächsten Fahrradladen auf, Udo Lermann Zweiradwelten, wo mir direkt geholfen wird, was noch nicht mal so einfach ist, da die eine abgebrochene und die andere verbogene Schraube nur mit Zangenhilfe entfernt werden können. Zum Glück ist das Gewinde des Ständers unbeschädigt. Es dauert also ein bisschen, bis alles wieder sitzt und dann will man dafür – nichts! Toller Service, für den ich mich zumindest mit einem Beitrag in die Kaffeekasse bedanke.
Der Main-Radweg lässt sich weiterhin schön fahren, auf separater Asphalt-Trasse und wenn die mal an der Straße verläuft, merkt man trotzdem nicht viel davon, weil es wenig Verkehr gibt. Ab und an schaut eine Burg von oben auf die Szenerie herab. Allerdings ist es mittags auch schon wieder so warm, dass ich die Schattenpassagen genieße.
Unterhalb von Wertheim werden die Burgtürme durch Getreidesilos abgelöst, das Tal wird stellenweise breiter und die im Tal verlaufende Straße ist stärker befahren. Das Tal weitet sich und wird langsamer. Oder liegt das an der Mittagszeit, die die Farben flacher und die Beine müder werden lässt? Ab Freudenberg ändert sich der Eindruck erneut. Im flachen Talboden, der von den dunkel bewaldeten Hängen des Maintals begrenzt wird, grasen Kühe. Fast komme ich mir vor wie im Allgäu. An den Ufern auf beiden Seiten des Flusses baden Leute, manche Verrückte liegen einfach nur in der Sonne – bei 35 schwülen Grad!
Einen kurzen Stopp gönne ich mir in Miltenberg, bevor ich die letzten zwei Kilometer zum Dienst in Kleinheubach weiterfahre. Aber was heißt schon „Dienst“? Hier residiert man im ehemaligen Gesindehaus des Schlosses in wunderschönen Räumen mit Blick auf das Schloss. Empfangen werde ich von der Koordinatorin Tanja und ihren Mitstreiterinnen und einer begleiteten Familie mit großem Hallo, einem bayrischen Picknick und Live-Musik! Sandra Madison Roth singt Pop- und Country-Songs. Jeder Ambulante Kinderhospizdienst ist ja etwas Besonderes und hat sich die unterschiedlichsten Dinge einfallen lassen, aber so bin ich noch nie begrüßt worden! Da vergisst man fast, dass auch das Main-Echo (genauer gesagt: der „Bote vom Untermain“, eine der acht Ausgaben des Main-Echos) mit einem Reporter anwesend war, der sich viel Zeit für ein Interview genommen hat.
Beneidenswert, was du, lieber Thomas, alles für Erlebnisse hast! Klar, es zehrt und ist anstrengend, aber ich habe den Eindruck, dass sich Negativ-Stress (schwitzen, Steigungen, enorm viel Programm…) und Eustress (lebendige und fröhliche Begegnungen, schöne Landschaften…) die Waage halten. Also, in diesem Sinne weiterhin viel Freude und intensiven Genuss dieses eimalig originellen Unternehmens!
Christa