Heute habe ich den Höhepunkt meiner Reise vor mir – rein topographisch betrachtet. Also fahre ich wieder früh los, damit ich die Steigungen hinter mir habe, bevor es heiß wird. Und die Rhön ist ja schon hügelig. Immer wieder hält sie Steigungen für mich bereit, um mich danach mit tollen Abfahrten zu belohnen. Nur: was runter geht, muss ich nachher auch wieder rauf! Immer höher und höher windet sich der Asphalt unter meinen Rädern, obwohl das Profil in meinem Navi zeigt, dass das noch längst nicht das Ende der Fahnenstange ist! Trotzdem: die Landschaft ist schön. Sattgrüne Wiesen, dunkle Wälder, hinter mir ist noch die Wasserkuppe zu sehen. Ebereschen, Brombeersträucher, Eichen, Apfelbäume und Birken stehen abwechselnd am Straßenrand. Während ich den Reißverschluss meines Trikots bei den schweißtreibenden Anstiegen weit öffne, schließe ich ihn bei den Abfahrten umgehend, da der Fahrtwind noch frisch ist.
Schließlich zeigt der Höhenmesser 501 Meter an, die Straße steigt nicht weiter an. Nun belohnt mich eine lange Abfahrt nach Sinntal-Oberzell. Erst 170 Höhenmeter tiefer trete ich wieder selber in die Pedale. Nun folge ich dem Flüsschen Sinn und suche mal wieder nach einem Café. In Obersinn gibt es das Eiscafé nicht mehr, das mir Google anzeigt und das Café, was es noch geben soll, hat geschlossen. Auch der Imbiss in Mittelsinn ist geschlossen. Da frag ich mich, welchen Sinn ein Café oder ein Imbiss hat, die nicht geöffnet sind (sorry, dieses Wortspiel musste jetzt einfach sein). In Burgsinn finde ich dann doch noch ein geöffnetes Eiscafé. Na also, geht doch!
In Gemünden erreiche ich den Main. Danach ärgere ich mich ab und an über fiese kleine Gegenanstiege, als würden die Radwegeplaner davon ausgehen, dass heute sowieso jeder ein E-Bike fährt. Ansonsten ist der Maintal-Radweg hier sehr schön zu fahren: durchgängig asphaltiert, abseits der Straßen, immer durchs Grüne und ziemlich ruhig.
Immer wieder traf ich heute eine Gruppe mit einem Erwachsenen und vier Jugendlichen. Alle mit „Bio“-Bikes und Zeltausrüstung. Vater mit Söhnen? Sozialarbeiter mit Schützlingen? Als ich sie bei einer Badepause am Main wieder mal entdecke, spreche ich sie einfach an. Es ist eine Mischung aus Verwandten mit Freunden, die von Hamburg nach Calw unterwegs sind, wo sie morgen Abend ankommen wollen, was durchaus ambitioniert ist. Aber sie fahren auch täglich zwischen 110 und 120 km!
In Lohr treffe ich meine neuerlichen Warmshowers-Gastgeber Thomas und Heike, die ich erst heute Morgen kontaktiert habe, die aber unkompliziert trotzdem zugesagt haben. Es wird einmal mehr ein netter Abend mit Austausch von Geschichten und Erfahrungen und endet mit einem Gin Tonic. Der Gin kommt aber von hier und nennt sich Snow White – nach Schneewittchen. Weil Schneewittchen offenbar eine Lohrerin war, was mit den wissenschaftlichen Methoden der „Fabulogie“ mal in einer handfesten Indizienkette belegt wurde!
Hallo Tom,
mit deinem Bericht aus dem Sinn- und Maintal werden alte Erinnerungen aus meiner Zeit in Unterfranken in mir wach. Grüß mir meinen alten Wohnort Hafenlohr, falls du dort durchradelst. Und Rotenburg, die kleinste Stadt Bayerns!
Liebe Grüße von Hans