Havel

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immer noch Tag 5: von Cumlosen nach Garz / Havel

In der Tourist-Info in Havelberg erfahren wir, dass der Elbe-Radweg ab sofort dicht ist, der Havel-Radweg sei aber bis Schollene zumindest mit Einschränkungen befahrbar. Uns wird auch geraten, bis Schollene durchzuradeln, da die Havel-Polder geflutet werden könnten. Das wäre aber noch 30 Kilometer weiter und dazu haben wir eigentlich keine Lust mehr. Wir lassen es drauf ankommen und uns eine Unterkunft in Garz buchen – das sind nur noch 13 km. Dann besuchen wir noch den Dom von Havelberg, der natürlich auf dem Havelberg steht und ein gigantisches Backstein-Portal sowie einen idyllisch ruhigen Kreuzgang aufweist.

Portal des Havenberger Doms

Havelberger Dom: Im Kreuzgang

Auf dem Weiterweg nach Garz dann noch ein ornithologisches Highlight (zumindest für uns): wir sehen gleich drei Kiebitz-Päärchen, die uns offenbar von ihren Gelegen in den Wiesen ablenken wollen. Die wissen noch nicht, dass nicht wir die Gefahr sind, sondern die Elbe mit ihren gesammelten Wassermassen, die wohl auch noch in die Havelauen eindringen wird!

Im Gästehaus „Zur Schleuse“ beziehen wir ein riesiges Appartement. Die Vermieter bieten Naturführungen mit Vogelbeobachtungen auf der Havel an – vielleicht wäre das mal ein Grund wiederzukommen!? Ansonsten sind hier alle ein wenig sauer, dass die Havelpolder geflutet werden sollen – so viel hat sich wohl schon herumgesprochen – letztlich wohl um tiefer liegende Ortschaften wie Hitzacker zu schonen, deren Bewohner sich nach 2002 gegen eine Deicherhöhung ausgesprochen haben sollen, da ihnen dann der Blick auf die Elbe versperrt worden wäre! Der Ärger ist ja durchaus verständlich!

Abends meldet die Tagesschau, dass Dresden über 9 Meter erwartet!

Tag 6: von Garz/Havel nach Malge

Die Polder sind noch nicht geflutet, unser Vermieter unternimmt mit einer anderen Gastfamilie einen Ausflug mit dem Boot und wir können unbehelligt weiter radeln. Das geht zunächst mal kilometerlang und recht langweilig auf Landstraßen, dann auf eigener Trasse am „Feuchtgebiet Untere Havel“ entlang. Frösche quaken uns von der Seite an, Störche sind nun schon zu unseren gewohnten Begleitern geworden und sobald wir stehen bleiben, gesellen sich Mücken in eindeutiger Absicht zu uns – alles, was man halt so von In Rathenow gibt es zur Motivation mal wieder einen ersten Cappuccino des Tages, begleitet voneinem Feuchtgebiet erwartet. Nur Biber, Fischotter und Großtrappen, die es hier auch geben soll zeigen sich dem Radfahrer nicht, die gibt’s wohl nur per Boot zu sehen.

so klein kann groß sein

In Rathenow gibt es zur Motivation mal wieder einen ersten Cappuccino des Tages, begleitet von einem Stück Erdbeerkuchen. Und so geht es weiter: Insgesamt viel zu viele Landstraßen und viel zu wenig Havel – mit dem Elberadweg kann die Havel-Tour nicht mithalten. Erst hinter Kirchmöser wird es wieder schöner: am Möserschen See entlang fahren wir ganz ohne Autos, begleitet von den obligatorischen Fröschen und Kuckucken und vielfältigem Vogelgezwitscher.

In Malge übernachten wir im Gasthaus am See: ein kleines, (zu) warmes Zimmer in einem älteren, ein wenig heruntergekommenen Gebäude in der Mückeneinflugschneise, aber die Gardine ist so dicht, dass sie auch als Mückennetz fungiert – naja, es gab schon mehr fürs Geld! Dafür sitzt man schön am See und das Essen ist auch ok.

Dresden meldet den Scheitelpunkt des Hochwassers mit „nur“ 8,76m, dafür erwartet Magdeburg mehr als 2002, da neben der Elbe auch noch Saale und Mulde sich ausschütten.

Tag 7: von Malge nach Potsdam

Im Gegensatz zum Zimmer ist das Frühstück sehr gut und reichhaltig und der Weiterweg beginnt genauso versöhnlich wie er gestern aufhörte, bis wir auf die L93 stoßen, der wir auf einem separaten Radweg bis Brandenburg folgen, wo wir den Dom auf der Havelinsel besuchen.

Anschließend fahren wir 5 km entlang der Bundesstraße 1, bis wir von einer Bahnschranke gebremst werden. Erst warten wir 5 Minuten, bis sich überhaupt ein Zug zeigt, dann kommt noch ein Güterzug aus der anderen Richtung und bleibt mitten auf dem Bahnübergang stehen – weitere 5 Minuten lang. Der Zug hat rot und die B1 solange halt auch.

An der B1

… und neben der B1

Zum Glück geht es wenige Kilometer weiter wieder an die Havel und hier sehen wir unseren ersten Fischadler! Größe, Färbung und Flugbild lassen gar keinen anderen Schluss zu! Netterweise kreist er einige Zeit in unserer Nähe, so dass ich ein paar Fotos schießen kann.

unser erster Fischadler!

Dann wird es wieder städtisch – wir nähern uns Werder (Havel). Ein „Werder“ ist eine Insel im Fluss. Und tatsächlich liegt der schönste Teil Werders, die Kernstadt mit der Heilig-Geist-Kirche und einer wieder aufgebauten Bockwindmühle auf einer Havel-Insel. Die Heilig-Geist-Kirche wurde 1856-1858 im neugotischen Stil am Standort mindestens zweier Vorläufer-Kirchen erbaut. Innendrin ein freundliches, helles Gebäude mit schöner Holzdecke, wird auf dem Friedhof davor mit einer Gedenkstätte für acht Widerstandskämpfer, die 1952 in Moskau hingerichtet wurden an die dunkle Epoche des Stalinismus erinnert.

Werder (Havel)

Inschrift:

IHR WOLLTET NUR FREIHEIT, DEMOKRATIE UND GERECHTIGKEIT!
*
DIE STASI HAT EUCH EINGESPERRT, GEFOLTERT UND GESTÄNDNISSE ERZWUNGEN. IHR WURDET VOM SOWJETISCHEN MILITÄRTRIBUNAL ZUM TODE VERURTEILT, IN MOSKAU HINGERICHTET UND EURE ASCHE IM MASSENGRAB VERSCHARRT!
*
WIR WERDEN EUCH IMMER EHREN UND BITTEN:
NICHT ZU VERGESSEN

Am Templiner See entlang fahren wir nach Potsdam hinein und ergattern über die Tourist Info eine tolle, 70qm große, recht zentral und trotzdem ruhig gelegene Ferienwohnung mit supernetten Vermietern, mit denen wir am liebsten gleich per Du wären und ein Glas Rotwein trinken würden (oder auch zwei). Schade, dass wir nicht länger bleiben, was andererseits auch unser Glück ist, denn hätten wir für mehrere Nächte gesucht, wäre uns die Wohnung gar nicht erst angeboten worden: ab dem nächsten Tag ist sie bereits vermietet! Auch sonst sind die Übernachtungs-Angebote nicht gerade reichlich, was offenbar daran liegt, dass a) Wochenende ist, b) schönes Wetter ist und c) etliche Elbe-Urlauber, z.B. Dresden- und Magdeburg-Besucher dem Hochwasser aus-weichen (kennen wir ja).

Am Abend laufen wir noch die Highlights von Potsdam ab: u.a. Brandenburger und Nauener Tor, die „Moschee“, die in Wirklichkeit ein Dampfmaschinenhaus zur Betreibung der Fontänen im Schlosspark von Sanssouci ist und das wirklich sehenswerte Holländische Viertel, das der „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I. von 1733 bis 1740 errichten ließ, um holländische Handwerker nach Potsdam zu locken. Sanssouci sparen wir uns allerdings für morgen Vormittag auf.

Potsdam: Brandenburger Tor

Potsdam: St. Peter und Paul und Maria mit dem Jesuskind

Potsdam: Holländisches Viertel

die „Moschee“ von Potsdam – tatsächlich ein Dampfmaschinenhaus

Tag 8: von Potsdam nach Lübben

Am Morgen regnet‘s! Wie jetzt? Wir kommen aber trocken in ein Café, wo wir frühstücken. Und während wir im Trockenen sitzen, schmeißt der Himmel jede Menge Wasser auf Potsdam, um kurz bevor wir fertig sind damit wieder aufzuhören. Das nenn‘ ich Timing! Und die ganze Zeit bereitet draußen ein junger Mann in stoischer Ruhe Tische und Stühle für die Nach-Regenzeit vor, stellt sie ordentlich in Reih und Glied und wird dabei immer nasser. Den bringt offenbar nichts aus der Ruhe!

Unsere Räder und das Gepäck dürfen wir noch bei unseren Vermietern lassen und so gehen wir zu Fuß in den Schlosspark von Sanssouci. Schon beeindruckend, was Friedrich II. hier alles hat anlegen lassen: u.a. Tempel und Palais, diverse Gärten, eine weiß-blaue Glassäule, Weinterrassen oder das Chinesische Haus mit allerdings sehr europäisch aussehenden Chinesen. Auch die Hunderte von Skulpturen der verschiedenen Themenrondelle überzeugen nicht immer durch sehr realistische Darstellungen.

Touristenansturm in Sanssouci

Im Schlosspark von Sanssouci

Sanssouci: die europäischen Chinesen

Eine Führung durch das Schloss ersparen wir uns, da hätten wir wohl früher aufstehen müssen, es gibt bereits eineinhalb Stunden Wartezeit. Dafür statten wir noch der neben dem Schloss stehenden Holländerwindmühle einen Besuch ab, deren Erhalt Friedrich II. trotz Rechtsstreitigkeiten wg. Unterbindung der Windzufuhr gegen das nahebei erbaute Schloss interessanter Weise befürwortet hat, da sie „dem Schlosse zur Zierde gereiche“. Die heutige, erst 1993 vollständig rekonstruierte Mühle ist voll funktionsfähig: es rumpelt gewaltig drinnen, wenn sich das Windrad dreht!

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