Wandern für den Wiederaufbau

Seit dem letzten April-Wochenende und noch den ganzen Mai hindurch läuft im Ahrtal die Aktion „Wandern für den Wiederaufbau“. Dabei präsentieren sich die Gemeinden Altenahr, Mayschoss, Rech und Dernau mit Wein- und Imbissständen entlang des Rotwein-Wanderwegs. Und warum nicht Wein trinken für den guten Zweck? Es gibt schlechtere Gründe!

Sonntags, am 1. Mai fahren wir zum Are-Gymnasium in Grafschaft, wo der Shuttle-Bus nach Altenahr startet – öffentliche Parkplätze im Ahrtal sind neun Monate nach der Flutkatastrophe nur in sehr geringem Maße vorhanden.

Am Ortseingang von Altenahr lassen wir uns vom Busfahrer am Beginn des Rotweinwanderwegs absetzen. Den Frühling merkt man dem Wald mittlerweile deutlich an. Der Blick auf Burg Are durch frischgrünes Laub und weiße Obstblüten ist spektakulär. „Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah“ (frei nach Goethe) wirkt im Zeitalter des Massentourismus altbacken, trifft aber dennoch häufiger zu, als man denkt!

Burg Are

Aber schon bald sieht man im Tal auch die Schneise der Verwüstung, die die Ahr am 14. Juli 2021 hinterlassen hat. Der Wiederaufbau kommt schleppend voran, erzählen uns die Männer am ersten Weinstand. Auf Cornelia Weigand, die nach der Flut neu gewählte Landrätin für den Kreis Ahrweiler, sind sie nicht gut zu sprechen. Sie lasse sich zu viel in Talkshows und zu wenig vor Ort sehen. Ob das objektiv so ist oder nur Ausdruck der Ungeduld direkt Betroffener können wir nicht beurteilen. Tatsache ist aber, dass auch in den Flutgebieten NRWs viele Betroffene auf Unterstützung warten und Tatsache ist sicher auch, dass Bürokratie in Deutschland nicht gerade ein Fremdwort ist.

Landschaftlich ist der Weg zwischen Mayschoss und Rech ein Wucht. Selbst schmale und ausgesetzte Passagen gibt es, die den Rotwein-Wanderweg nicht gerade Kinderwagen-tauglich machen. Auch für Mountainbiker ist er an manchen Stellen nicht trivial – ganz abgesehen davon, dass es keine gute Idee ist, den Weg an einem touristisch beworbenen Sonntag befahren zu wollen.

Der Unterschied zwischen landschaftlicher Schönheit und Zerstörung im Tal bewirkt einen harten Kontrast und macht schon etwas betroffen. Vor zwei Jahren haben wir im Ahrtal Abstand von den Corona-Katastrophenmeldungen gewinnen wollen, heute will das Ahrtal Abstand von der Flutkatastrophe bekommen. Aber das wird noch ein langer Weg sein!

Wir besuchen das Weingut von Oliver Schell in Rech. Dieser Winzer hat den Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Bonn bereits vor der Flut unterstützt und spendet jetzt – nach Verlust eines Viertels seiner Rebfläche und der Zerstörung von Flaschenlager und Weinkeller – drei Flaschen seines besten Weins für unsere Jubiläums-Tombola! Den will ich natürlich persönlich abholen, Foto und einen kleinen facebook-Artikel inklusive. Er selbst hat sich heute ausnahmsweise mal einen Tag Pause gegönnt, sodass seine Mutter die Flaschen übergibt, während Uta das Erinnerungsfoto schießt.


In der Vinothek von Oliver Schell

In Dernau steigen wir wieder ins Tal ab, um mit dem Shuttlebus zurück zum Parkplatz zu fahren. Hier im Tal sind die Zeichen der Zerstörung noch lange nicht beseitigt. Manche Häuser wirken aufgelassen. Welche Schrecken und Schicksale sich hier abgespielt haben, können wir nur erahnen. Und doch ist der Wiederaufbauwille der Gebliebenen nicht zu übersehen. Das macht Mut!

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Viktor
1 Jahr zuvor

Trinke Wein und tue Gutes… feine Idee!

Christa+Reppel
Christa+Reppel
1 Jahr zuvor

Die Idee, für den Wiederaufbau zu wandern, finde ich ganz toll! Und dass du, Thomas, da mitmachst, ist ein erneutes Zeichen für dein großes Engagement. Und dass das grüne Kinderhospizband auch dabei ist, gefällt mir. Danke, dass du so aktiv bist im Gegensatz zu vielen lahmen Enten, zu denen ich gehöre……DANKE!