Ostsee

<- zurück zu Neiße und Oder

immer noch Tag 18: von Schloß Rothenklempenow zum Seebad Ahlbeck / Usedom

Fähre in Ueckermünde

An der Fähre treffen wir alle Gesichter der letzten Tage wieder: die vier von heute Morgen, das Paar aus Sachsen, das mit dem Zelt unterwegs ist und das wir zwischendurch immer wieder vor irgendwelchen Eiscafés gesehen haben, und viele andere. Die „Fähre“ ist eine kleine Schaluppe für max. 45 Personen, die Räder kommen aufs Vorderdeck und werden im Laufe der Überfahrt ordentlich gewaschen!

 

Plötzlich sehen wir auf dem Haff einen Schwarm Vögel, der sich schnell in unsere Richtung bewegt, immer knapp über dem Wasser. Beim Näherkommen sehen wir, dass alle Tiere in gerader Linie hintereinander herfliegen. Hindernisse, wie Bojen werden nicht um-, sondern überflogen: die Vogelkette beschreibt einen Bogen von ein, zwei Metern nach oben, um direkt anschließend wieder auf nahezu Wasserniveau zu sinken. Wie sie kurz vor dem Boot durchziehen, sehen wir, dass es Kormorane sind: ganz schwarz und mit dem typischen Hakenschnabel.

Auf Usedom angekommen, geht es von Kamminke nochmal ca. 10 km durch Mischwald, aber auch entlang kleiner Felder mit dünnem Gerstenbewuchs (wer die wohl kulitiviert? werden die überhaupt geerntet?) über die Insel nach Norden, dabei auch immer wieder auf und ab. Der Muskelkater der gestrigen Aufs und Abs lässt grüßen!

Im Seebad Ahlbeck finden wir unsere telefonisch vorgebuchte Pension – das Haus Pommern – und freuen uns über eine großzügige Suite. So viel Platz war in diesem Urlaub noch nie (naja, von Potsdam mal abgesehen) und das immerhin für weniger Geld als in Cuxhaven!

mal wieder an der Ostsee!

 

 

 

 

 

Tag 19: vom Seebad Ahlbeck / Usedom zum  Seebad Lubmin

Während im Rheinland für heute schwüle 35 Grad angesagt sind, frühstücken wir auf der Terrasse im Sonnenschein bei milder Seeluft und Möwengeschrei.

Und dann die Überraschung: Utas Hinterreifen ist wieder platt! An der Rezeption bekommen wir den nächsten Fahrradladen genannt, der den Schlauch auch recht zeitnah austauscht, während wir noch ein paar Mitbringsel einkaufen. Durch diese Aktion kommen wir aber erst nach 11 Uhr aus Ahlbeck weg.

Zunächst fahren wir über die Promenaden der drei im Laufe der Jahre miteinander verwachsenen Seebäder Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin, von denen uns Ahlbeck am besten gefällt, danach geht es viel durch Dünenwald und mit mehreren Bergwertungen, die Pausen in Form von Radler oder Erdbeer-Eisbechern einfordern. Und natürlich müssen wir auch noch mal kurz an den Strand: der Usedom-Sand ist blendend weiß und feinkörnig; ganz weich umschmeichelt er Hände und Füße oder was man sonst damit in Berührung bringt. Auch ein Fußbad in der Ostsee muss noch einmal sein, bevor wir nach Peenemünde weiterfahren.

V2 auf dem Peenemünder Museumsgelände

Hier, wo Hitler seine V2 hat entwickeln lassen, gibt es ein Museum, das wir leider nicht mehr besuchen können, da die Fähre nach Freest um 16 Uhr fährt. Jetzt fehlt uns halt die am Morgen verlorene Zeit. Peenemünde selber hinterlässt auf uns übrigens einen ziemlich bedrückenden Eindruck, wozu neben der Geschichte und der lieblosen Bebauung auch das sowjetische U-461 beiträgt, das als Waffe gegen Flugzeugträger-Kampfgruppen entwickelt, Marschflugkörper abschießen konnte, gottlob heute aber ein Museum ist.

U-461

Nun geht es ein Stück auf dem Ostseeküsten-Radweg weiter am stillgelegten Atomkraftwerk Lubmin vorbei, einer hässlichen großen Industrieanlage mit abblätternden Farben und Hunderten von Containern zur Getrennt-Schrott-Entsorgung bis zum Seebad Lubmin. Hier finden wir zwar eine großzügige Ferienwohnung, aber in einer Anlage, die von außen etwas abgeranzt aussieht – zum Glück aber nur von außen. Wir entschließen uns zur Halbpension und bekommen dafür ein Abendbuffet mit vielfältigen Antipasti, Fischröllchen, Geschnetzeltem, diversen Beilagen und einer leckeren Zitronencreme als Dessert.

Obwohl wir heute nur 54 km geradelt sind, empfanden wir es als recht anstrengend, was wohl an den vielen Steigungen, den 25 Grad Wärme und den 80% Luftfeuchtigkeit liegt, die sich nachts in einem Gewitter entladen.

Tag 20: vom Seebad Lubmin nach Stralsund

Nach dem Gewitter der Nacht ist es zum Frühstück wieder klar! Auf dem Ostseeküsten-Radweg, der hier leider viel über Straßen geht, radeln wir Richtung SW. Von NW bedrängt uns eine Wolkenfront, wir bleiben aber trocken.

hier ist Handbetrieb angesagt!

In Wieck bei Greifswald passieren wir eine Klappbrücke über den Ryck, einen nur 30 km langen Fluss, der bei Wieck in den Greifswalder Bodden mündet. Es ist kurz vor 11 und wir haben Glück: um 11 Uhr wird die Brücke geöffnet, und zwar handbetrieben, wozu zwei Personen notwendig sind. Mehrere Yachten und Ausflugsboote passieren sie auf ihrem Weg von Greifswald zum Bodden oder zurück. Dann radeln wir neben dem Ryck auf einem roten Ascheweg nach Greifswald hinein. Der ist vom nächtlichen Regen noch nass und voller Pfützen, so dass Räder, Flaschen und Gepäcktaschen nochmal so richtig eingesaut werden!

Greifswald zeigt sich von seiner besten Seite: wieder mal viel Backsteingotik und außerdem Studentenstadt mit entsprechender Infrastruktur. Trotzdem entschließen wir uns, von hier aus mit der Bahn nach Stralsund zu fahren und lieber dort nochmal einen halben Tag zu verbringen als hier und dort jeweils nur ein, zwei Stunden.

In Stralsund quartieren wir uns im „Altstadt Hotel Peiß“ ein, einem privat geführten Bett-and-Bike-Betrieb mit sehr nettem Hoteliers-Ehepaar. Die Innenstadt, die wir nach einer Dusche besichtigen, ist ein schönes Altstadt-Ensemble, wenn auch leider momentan mit einigen Baustellen garniert, so z.B. am Alten Markt, der gerade neu gepflastert wird. Hier steht auch das beeindruckende Rathaus, dessen Anfänge bis ins 13. Jhd. zurückreichen und das Wulflamhaus, das sich der damalige Ratsherr und spätere Bürgermeister Bertram Wulflam gegenüber erbauen ließ.

Wir besichtigen auch mal wieder eine Kirche (St. Marien) und steigen die 365 Stufen auf deren Turm, der uns eine wunderbare Rundumsicht beschert.

Stralsund: St. Marien

Stralsund: St. Marien

Stralsund: Die Doppeltürme der Nikolaikirche hinter dem Rathausgiebel

Stralsund: Durchgang zur Nikolaikirche

Auch die „Gorch Fock“ besuchen wir noch, nicht das Segelschulschiff der Bundesmarine, sondern das Original, die „Gorch Fock I“, das erste von fünf von Blohm+Voss gebauten Schwesterschiffen. Sie wurde 1933 in nur 100 Tagen gebaut und, nachdem der aktive Segelbetrieb im 2. Weltkrieg zum Erliegen kam, 1945 versenkt, damit sie nicht „dem Feind“ in die Hände fiele. Der ließ sie allerdings zwei Jahre später wieder heben und überführte sie nach Wiederinstandsetzung als Reparationsleistung in die UdSSR. Hier blieb sie auch nach deren Auflösung in ihrem ukrainischen Heimathafen. Wie sie über London nach Stralsund kam, ist eine Geschichte für sich, die man z.B. unter www.gorchfock1.de nachlesen kann.

Stralsund-Panorama

zurück in Bonn

Und das Resumée der Tour? Es gab viel Natur, wir haben viele Vögel gesehen, die uns bis dahin nur aus Büchern oder Natuirfilmen bekannt waren, wir haben nette Menschen getroffen, hatten fast durchgängig schönes Wetter, aber trotzdem bleibt ein kleines Gefühl der Enttäuschung darüber, dass wir unser ursprüngliches Ziel nicht erreichen konnten. Statt abwechslungsreich der Elbe von der Mündung bis zur Quelle gefolgt zu sein, haben wir das Gefühl, drei Wochen lang nur Auenlandschaften gesehen zu haben. Naja, manchmal klappt es eben nicht so, wie man sich das wünscht. Insgesamt, denke ich, haben wir aber noch das Beste aus der Situation herausgeholt, was sich auch daran zeigt, dass sich wenige Tage nach unserer Rückkehr schon wieder „Entzugserscheinungen“ in Punkto Radfahren zeigen!


Gesamtlänge der Tour: 1249 km