ElbeRadWeg – Fazit

2013 wollten wir bereits den Elbe-Radweg von der Mündung bis zur Quelle radeln. Von der Kugelbake in Cuxhaven, wo der Fluss vom Meer nicht mehr zu unterscheiden ist über die Großstadt Hamburg hinein in die wunderbaren Elbeauen, die ihren natürlichen Zustand zynischer Weise dem Umstand zu verdanken haben, dass die Elbe und ihre Ufer während der deutsch-deutschen Teilung Todeszone und für die Bevölkerung unzugänglich war. So wurde keinerlei Infrastruktur geschaffen, weder verkehrstechnische noch industrielle, der Fluss blieb – von ein paar Grenzer-Booten abgesehen, sich selbst und den hier lebenden Tieren und Pflanzen überlassen. Heute sind die Elbauen zum Glück in großen Teilen geschützt, die hier zu Hauf nistenden Störche werden als Teil des menschlichen Alltags betrachtet, die Storchennester sorgsam gepflegt und weitere Nistmöglichkeiten zur Verfügung gestellt.

Storchenhorst in den Elbauen

In Havelberg war damals Schluss mit unserer Reise – die Elbe kam uns in Form des zweiten „Jahrhunderthochwassers“ (nach 2002) entgegen und der Klügere gibt ja bekanntlich nach. Dieses Jahr nun wollten wir die Reise wieder aufnehmen, haben uns aber entschieden, nicht weiter der Windrichtung zu folgen (von NW nach SE), sondern nach dem Ende dieses Mal den Anfang des Flusses als Startpunkt zu nehmen. Trotz des Gegenwindes, den wir dadurch hatten, war das letztlich sinnvoll, da wir so auch tatsächlich an der Quelle waren, was vermutlich nicht geklappt hätte, wenn wir in Havelberg angeschlossen hätten. So fehlt uns am „kompletten“ Fluss zwar ein Lückenschluss von etwa 110 km zwischen Havelberg und Magdeburg, aber alles, was wir wirklich sehen wollten, haben wir gesehen.

Der Radweg

Der Elbe-Radweg gilt seit Jahren als einer der beliebtesten Radwege Deutschlands, wenn er nicht sogar der beliebteste überhaupt ist. Deutschlands? Naja, ein nicht unerheblicher Teil der Elbe fließt durch die Tschechische Republik, und zwar ein sehr sehenswerter! Die meisten Radtouristen fahren wohl der günstigen Verekehrsanbindung wegen bis oder ab Prag, was für uns aber unvollständiger gewesen wäre als es letztlich unser „Lückenschluss“ ist. Denn durch Prag fließt nicht mehr die Elbe, sondern die Moldau. So würde dann der Oberlauf der Elbe fehlen, aber auch der Oberlauf der Moldau, die ja beim Zusammenetreffen beider Flüsse in Melnik der größere ist.

Der Radweg ist meistens gut ausgeschildert – in Tschechien als Radweg Nr. 2, in Deutschland unverkennbar mit dem Logo des Elbe-Radwegs. Trotzdem empfiehlt sich immer zusätzlich eine Karte oder ein Navi. Auch die Bikeline-Hefte sind immer recht informativ, auch wenn wir dieses Mal darauf verzichtet haben. Dafür hatten wir die Broschüre des Elbe-Radwegs dabei (zu beziehen über www.elberadweg.de) und das Buch „Elbe-Radweg“ von Christine und Jürgen Reimer (Bruckmann-Verlag), das auf Grund seines Erscheinungsdatums 2009 zwar nicht mehr brandaktuell ist, aber viel Hintergrundinformation gibt.

Wegen der vorherrschenden Windrichtung sollte man die Elbe möglichst von NW nach SE „hoch“ radeln. Neben dem hügeligen sächsischen und böhmischen Elbsandstein-Gebirge gibt es auf diesem Weg eigentlich nur die eine Steigung von Vrchlabi nach Spindlermühle – und das sind gerade mal 15 km und 250 Meter Höhenunterschied bei durchwegs moderater Steigung.

Natur

m Riesengebirge

In der Porta Bohemica

In der Edmunsklamm bei Hrensko

Die Elbe steckt voller landschaftlicher Kontraste: Hatten es uns 2013 vor allem die Elbauen und die vielen Störche angetan, so waren es dieses Mal das Riesengebirge mit seinen weiten Hochflächen und den tief eingeschnittenen Tälern und natürlich das Elbsandsteingebirge, sowohl auf böhmischer (tschechischer) als auch auf sächsischer (deutscher) Seite. Die landschaftlich schönste Radetappe war dieses Jahr wohl die Fahrt durch die Porta Bohemica, während die anderen Highlights (Prebischtor, Bastei) sich einem nur zu Fuß wirklich erschließen und – ich mag es kaum eingestehen – mehr in Erinnerung bleiben als die meisten Fahrradtage.

Städte

Marktplatz von Hostinné

Marktplatz von Pardubice

Im Dresdner Zwinger

Da sind zuerst die vielen böhmischen Kleinstädte zu nennen mit ihren zentralen, von Bürgerhäusern umstandenen Marktplätzen und den Arkadengängen, allen voran Pardubitz. Dann natürlich Dresden mit seinen imposanten historischen Gebäuden, von denen die meisten kaum älter als 10 Jahre sind, da der größte Teil der Innenstadt im 2. Weltkrieg zerstört wurde und erst nach der Wiedervereinigung wieder restauriert wurde. Nach Dresden werden wir auf jeden Fall nochmal reisen, zuviel ist ungesehen geblieben. Auch die letzte Stadt der Tour, Magdeburg hat uns gefallen und mit Hundertwassers letztem Projekt, der „Grünen Zitadelle von Magdeburg“ inspiriert, uns nun endgültig mit seinem architektonischen Lebenswerk zu befassen.

Übernachtungen

Zeltplätze gibt es unterschiedlichen Qualitäten

die beste Pension der Tour: Pension Luky in Spindlermühle

warmshowers: Übernachten mit Familienanschluss

Wir haben weniger gezeltet als zuvor gedacht. Mal war es zu heiß, mal zu regenerisch oder kurz gesagt: wir waren doch häufig bequemer als angenommen 🙂 Dabei waren die Zeltpätze von unterschiedlichster Qualität und gerade in Tschechien mitunter mit lediglich rudimentären Sanitäreinrichtungen. Da wäre wild zelten und in der Elbe baden wohl noch die bessere Variante gewesen. Natürlich hatten wir auch sehr gute Zeltplätze, so dass auch die Preise zwischen 4 (!) und 22 Euro schwankten – für zwei Personen mit Rädern und Zelt.

Wenn möglich, haben wir Pensionen Hotels vorgezogen. Das schon aus grundsätzlicher Überlegung: Pensionen sind meist in privater Hand und die Umsatzerlöse kommen unmittelbar der Gegend und deren Bevölkerung zu Gute, während Hotels in der Regel größeren nationalen oder internationalen Ketten angehören, so dass außer den Angestellten-Löhnen nicht viel vor Ort hängen bleibt.

Warmshowers haben wir leider nur einmal genutzt: in Dresden, wo wir mit Kerstin und Jörg wieder einmal sehr nette Gastgeber hatten. Das Problem mit warmshowers ist die reduzierte Flexibiltät: längst nicht alle „hosts“ sind bereit, mit einem Vorlauf von nur einem Tag zuzusagen, während wir kaum vorhersagen können, wo wir in drei Tagen abends sein werden. Viele prüfen ihr Profil auch nur sporadisch, obwohl man sich warmshowers-Anfragen mittlerweile per e-mail direkt aufs Handy weiterleiten lassen kann. So passiert es leider auch schonmal, dass man mehrere Anfragen stellt und nicht eine Rückmeldung bekommt. Trotzdem halte ich warmshowers nach wie vor für eine phantastische community für Reiseradler, die ich auch in Zukunft nach Kräften nutzen und unterstützen werde.

Wetter

Wetter muss man nehmen wie’s kommt. Meistens hatten wir Glück!

Für Juni war es außergewöhnlich warm und sonnig, aber auch trocken. Viele Felder sahen dürr aus, Raps und Mais mitunter vertrocknet oder ihrer Reife zumindest hinterher, die Waldbrandwarnstufen lagen bei 4 oder sogar 5! Während unserer Tour gab es auch viele schwüle Tage, die aber nicht zu nennenswerten Niederschlägen, wenn auch zu lokalen Unwettern führten, von denen wir zum Glück nicht viel mitbekommen haben. Gegen Ende gab es aber auch dreieinhalb Tage mit Regen, kühlen Temperaturen und viel Gegenwind, die aber wie gesagt die Ausnahme waren.

Was hat genervt?

Klogebühren: englische Freunde von uns waren bei einem ihrer ersten Besuche in Deutschland so erbost darüber, dass man für ein zutiefst menschliches Bedürfnis Geld zahlen muss, dass sie das entsprechende Klo umgehend verlassen haben (ich weiß allerdings nicht, wie sie sich aus dem nachfolgenden Dilemma befreit haben). Mittlerweile reichen die Klogebühren bis zu einem Euro (in der Grünen Zitadelle in Magdeburg, ist ja auch ein Hundertwasser-Klo!). Auch, dass es Cafés gibt, die über keine eigene Toilette verfügen, sondern auf eine 100 Meter entfernte und natürlich gebührenpflichtige öffentliche verweisen, finde ich ein Unding! (Lutherstadt Wittenberg)

Fotogebühren: Kannte ich bisher noch gar nicht, scheinen aber bereits weit verbreitet zu sein. Fände ich noch ok an Orten, die keinen Eintritt verlangen, aber Eintritt und zusätzliche Fotogebühr? Ein anderes Thema sind natürlich die Leute, die trotz Blitzverbot permanent blitzen oder die vielen Selfie-Sticks, die vor jeder Sehenswürdigkeit ausgefahren werden und immer dasselbe Motiv (wenn auch mit austauschbaren Hintergründen) festhalten.

Tschechische Bedienungen: Wir hatten extrem nette Vermieter in Tschechien, z. B. in Spindlermühle oder in Jaromir, aber die Bedienungen in Restaurants erschienen häufig mürrisch, machten einen Unterschied zwischen Tschechen und uns oder waren zumindest sehr unaufmerksam. Ich hoffe, dass ich diesen Eindruck im September auf dem Eurovelo 9 revidieren kann, aber zunächst einmal ist er da!

So geht’s auch: Freundliche, aufmerksame Bedienung: das privat geführte Café Storchenmühle in Zerbst / Anhalt

Und nun?

Nach der Tour ist bekanntlich vor der Tour: Am 11. August starte ich in Danzig (diesmal allein), um auf dem Eurovelo 9 über Polen, Tschechien, Österreich und Slowenien nach Kroatien zu radeln. Bis dahin soll natürlich das Fotobuch über die Elbe-Tour fertig sein, dass naturgemäß einiges mehr enthalten wird als dieser Blog.

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