„a U“ oder zum Schlenkerla?

Der Titel dieses Beitrages ist, zugegeben, etwas kryptisch, aber keine Bange: das klärt sich gleich!

Wir sind in Bamberg, der Stadt mit der größten Brauereidichte Deutschlands und damit dem perfekten Ausgangspunkt für unsere Bildungsreise auf den Spuren fränkischer Brauereikunst. Aber zunächst beginnen wir mit zeitgenössischer, bildender Kunst in Form einer Gruppe von acht hockenden Männern des chinesischen Künstlers Wang Shugang: „Meeting“ heißt das Skulptur-Ensemble direkt gegenüber unseres Hotels. Der Bamberger (eigentlich „Bambercher“) Volksmund interpretiert die Haltung der Männer offenbar viel anschaulicher: hier heißt das Kunstwerk einfach „die Scheißerla“.

Die Bamberger Scheißerla …
… und ein Versuch, das Meeting zu sprengen!

Die Endung „la“ wird hier ohnehin gerne genutzt, da sie alles ein bisschen weniger groß, ein bisschen weniger anstrengend, ein bisschen weniger ernsthaft erscheinen lässt: Ein Holzscheit ist ein Scheitla, ein Bierseidel ein Seidla, u.s.w. Für einen Rheinländer durchaus sympathisch, schließlich trinken wir auch meist nur ein Bierchen oder zwei, vielleicht auch mal ein Pikkolöchen. Diese Einführung in die Seele des Bamberchers bekommen wir jedenfalls im Mahrsbräu, dem „Mahrs aller Dinge“ (Eigenwerbung). Ach ja, Bier trinken wollen wir natürlich auch. Leo bestellt „a U“. Die Antwort auf die Frage, was ich trinken möchte, ist ähnlich simpel: „I a“. – ??? –

Ok, hier kommt die Auflösung: „a U“ meint „ein Ungespundetes“, ein Bier, bei dessen Gärung das Spundloch des Fasses nicht mit einem Holzpflock verschlossen wird, so dass ein Teil der entstehenden Kohlensäure entweichen kann. Das Ergebnis ist ein recht leichtes Bier, leicht süffig und leicht würzig, das geschmacklich einem Költ nahekommt (wer das nicht kennt: das ist der frevelhafte Versuch einer Monheimer Brauerei, Kölsch und Alt zu vereinen). Es ist übrigens gerade erst 15 Uhr durch und wir sind überrascht, wie schnell sich das Brauhaus füllt! Und das an einem Montag! Und „I a“ hat natürlich nichts mit einem Esel zu tun, sondern heißt schlicht „Ich auch“.

Das Mahrs Bräu von außen …
… und einer der Gäste (kenn‘ ich den?)

Wir erfahren, dass das nächste Brauhaus gleich gegenüber ist: Keesmann Bräu. Nun gut, das stand nicht auf unserer Tourliste, aber wir sind ja flexibel! Wir trinken einen Keesmann Bock, hell, würzig und hopfenbetont – schon besser!

Keesmann Bräu
Nachschub!

Danach absolvieren wir aber erst einmal eine Frischluftphase am Main-Donau-Kanal, bevor wir in der Brauerei Spezial ein erstes Treffen mit einem Rauchbier haben, hier einem leichten Lager mit einer ausgeprägten Buchenrauch-Note. Aber wie kommt der Rauch überhaupt in das Bier? Das geht so (und ähnlich wie bei schottischen Islay-Whiskies): Die Braugerste muss vor dem Maischen getrocknet werden und das passiert traditionell über einem offenen Feuer, in diesem Fall einem Buchenfeuer. Was allerdings früher Usus war, ist heute nur noch in zwei Bamberger Brauereien erhalten geblieben, die deshalb von der Organisation „Slow Food“ 2017 in die „Arche des Geschmacks“ aufgenommen wurden.

Frischluft-Phase am Main-Donau-Kanal

Nach dem dritten Brauerei-Gasthof muss, was oben reinkommt, natürlich unten auch mal wieder raus. Und wie wir so vor dem Pissoir stehen (jeder vor seinem eigenen natürlich), fällt Leo ein Zitat von Jack Nicholson aus dem Film „Das Beste kommt zum Schluss“ ein. Für die, die den Film nicht kennen: es geht um zwei alte Männer, die im Angesicht ihres anstehenden Lebensendes noch mal so richtig die Sau rauslassen wollen. Nicht, dass Leo und ich uns schon so alt fühlen würden… aber das jetzt auszudiskutieren, würde uns ohnehin zu weit vom Thema führen, also hier das Zitat:

Geh an keinem Klo vorbei, nütze jede Erektion und trau keinem Furz.

Jack Nicholson in „Das Beste kommt zum Schluss“

Also, wie gesagt, so alt sind wir noch nicht (glauben wir zumindest), aber Teil 1 des Zitats macht momentan absolut Sinn! Denn nun heißt es wieder laufen: Durch einen unbeleuchteten Waldweg gelangen wir an den Klosterberg, von dessen Gipfel wir einen schönen abendlichen Blick auf Bamberg haben. Das Kloster ist wegen Renovierung ohnehin geschlossen, das Bamberger Brauereimuseum, das sich hier oben befindet, auch. Also laufen wir weiter zum Domplatz und besichtigen auch den Bamberger Dom, einer der deutschen Kaiserdome, nur von aussen, denn der ist ebenfalls schon geschlossen. So können wir zwar einen Blick auf Adam und Eva werfen, die am Eingangsportal vor sich hin frieren, aber das berühmte Reiterstandbild der Stauferzeit, der Bamberger Reiter, eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, bleibt unseren Blicken verborgen.

Nun denn, es ist wieder genügend Sauerstoff im Blut. Wir können der letzten Herausforderung des Tages entgegen gehen: dem Schlenkerla. Das ist die zweite der beiden traditionellen Rauchbier-Brauereien (aus Schlenkerla-Sicht natürlich die erste). Leo bestellt das „normale“ Rauchbier, ein Märzen mit seiner Meinung nach im Vergleich zum Spezial ausgeprägterem Bierkörper, ich entscheide mich für das Bockbier. Hier wird der starke Rauchgeschmack durch eine süffige Malznote deutlich abgemildert. Aber wie heißt es so schön zum Thema Rauchbier:

Dieweilen aber das Gebräu beim ersten Trunk etwas fremd schmecken könnt‘, laß dir’s nit verdrießen, denn bald wirst du innehaben, daß der Durst nit nachläßt, sintemalen dein Wohlbehagen sichtlich zunimmt.

aus der Getränkekarte des Schlenkerla
Ups! Was ist jetzt passiert?

Am wunderschönen alten Rathaus vorbei gelangen wir schließlich wieder zu unserem Hotel. Und allen, die glauben, wir wären nur von einer Kneipe in die nächste gefallen, sei gesagt, dass wir bei unserem „Pub Crawl“ immerhin 8,2 km und 48 Höhenmeter zu Fuß absolviert haben!

Das Alte Rathaus

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Viktor
2 Jahre zuvor

So lecker verschiedene Biere an einem Tag… da kann ich ja beinahe neidisch werden 😉

Andreas+Keller
Andreas+Keller
2 Jahre zuvor

Diese Tour wird bestimmt deutlich länger als geplant, denn wenn man in Schlangenlinien geht, verlängert sich der Weg. 😉