Wir haben zwei Nächte in Fiegls Gasthof verbracht, im Windachtal, mit minimalem Mobilfunkempfang (2G) und ohne WLAN. Und irgendwie kamen mir, als ich den Bericht dann im Zug schreiben wollte, die Fotos nach der Übertragung von der Kamera aufs Handy zu dunkel vor, sodass ich die Restberichterstattung (inkl. ein wenig Bildbearbeitung) auf zu Hause aufgeschoben habe. Deshalb mal wieder ein verspäteter Bericht. Aber wer auf unseren Track geschaut hat (das „P“ oben auf der Seite), weiß ja, dass wir nicht verloren gegangen sind.
Freitag, 19.9.25

Das zweite Nachtfoto-Experiment klappt schon besser. Bereits am Abend gelingt mir ein Foto, mit dem ich auch selber ganz zufrieden bin. Am Morgen stehen Naemi und Manuel, die am Vorabend noch hochkamen, schon früh auf und sind weg, bevor ich ein weiteres Foto- oder besser Film-Experiment starte: das Erstrahlen der Wildspitze im ersten Morgenlicht im Zeitraffer.

Über Felsen steigen wir zur Jochdohle auf. Hier stehen wir dem westlichen Ende des Stubaier Gletscherskigebiets gegenüber. So wie man anderen Orts Autobahnen in die Landschaft baut, sind hier Pisten ins Gelände trassiert worden. Der Schnee der letzten Saison liegt noch in Geländestufen aufgetürmt, von denen gerade die Abdeckplanen abgezogen werden, die verhindern sollten, dass er über den Sommer schmilzt. Dann wird er mit Baggern und Pistenwalzen verteilt, um die Grundlage für die nächste Saison zu bilden.

Irgendwie sehen die Berge hier ziemlich vergewaltigt aus. Andererseits kann man natürlich auch sagen: hier oben liegt eh nur Schutt!

Für den Weiterweg bis zur Jochdohle haben wir drei Optionen:
1) über den Grat und über den Gipfel des Schussgrubenkogels
2) runter zum Gaiskarferner und auf der rechten Seite durch die Baustelle
3) über den Grat Richtung Schussgrubenkogel, aber vor dem Gipfel Abstieg auf den Gletscher und dann gerade hoch
Egal, welche wir wählen, alle werden begleitet vom Lärm der Baumaschinen, die den Grieskarferner für die Saison vorbereiten. Söldens stille Seite? Hier gerade nicht.

Wir wählen mit sicherem Griff die blödeste der Varianten: Nr. 3.
Vom Grat des Schussgrubenkogels steigen wir über steilen Schutt und Blockgelände zum Gletscher ab und laufen an seiner linken Seite hoch bis an sein Ende. Hier wechseln wir nach links in eine Abraumhalde, die die Bodenbewegungen fürs Skigebiet erzeugt hat. Echt nicht empfehlenswert! Und dabei passiert es: bevor ich die Halde erreiche, rutsche ich trotz der Microspikes unter meinen Schuhen weg, Leo entgegen, der wenige Meter unter mir steht.


Ich bremse mit Hosenboden und Händen. Der Hosenboden wird nur nass, die Handbremse ist effektiver, zumal sich ein paar Steinchen in die Hand eingraben und damit helfen, den Bremswiderstand zu erhöhen. Na, so wird das Betaisodona im Rucksack wenigstens nicht umsonst durch die Gegend getragen!
Dann sind wir auf der Jochdohle, mitten in der Skigebiet-Baustelle, müssen eine Piste hinunter, auf einen weiteren Restgletscher, den Windacher Ferner, den wir queren und bis an sein Ende absteigen. Hier liegt jede Menge Müll herum: Skipisten-Wegweiser, Markierungsstangen, Plastikplanen, etc., die nie jemand wegräumen wird.


Dann kommen wir endlich wieder auf einen vernünftigen Weg. Aber definitiv ist dieses Teilstück der Etappe von Söldens stiller Seite nicht empfehlenswert – zu viel hat das Skigebiet zerstört.

Nach dem nächsten Joch werden wir immerhin wieder entschädigt: ein herrlicher Höhenweg führt uns über den Fräulaskogel (genau, der mit der Höhle unterhalb) und hinüber bis fast zum Seekarsee.

Aber die heutige Etappe war dann doch etwas anstrengend. Leo hisst die weiße Fahne: statt noch 600 m aufwärts zur Hochstubaihütte, entscheiden wir uns für 600 m abwärts zu Fiegls Gasthaus mit Apfelstrudel, Cappuccino und Dusche.
Die Hochstubaihütte werden wir morgen nachholen.