Herdecke – Bonn

Nee, ne? Was soll das denn? Das war doch erst für morgen vorhergesagt! Aber auch mit der Brille auf der Nase wird aus dem Weiß kein Grau. Über Nacht wurde Herdecke mit 3 cm Pulver und Flocken wattiert. „Bei Schnee bin ich definitiv raus“ hatte ich Andreas noch gesagt und das mit gutem Grund: Meine Reifen sind einfach nicht wintertauglich. Und trotzdem frage ich mich, ob nicht doch etwas geht.

Der Blick aus dem Fenster offenbart nichts Gutes!

Eigentlich wollte ich den Ruhr-Radweg bis Hattingen weiterfahren und dann hinüber nach Wuppertal, wo mich einige Bahntrassen-Radwege weiter nach Remscheid-Lennep und der weitere Routenverlauf dann morgen über Altenberg nach Bonn bringen sollte. Meine Warmshowers-Hosts Subira und Bernd haben mir allerdings eine andere Variante vorgeschlagen, weil das Stück bis Hattingen nicht so prickelnd sein soll. Stattdessen könnte ich über Voßhöfen und Sandberg Richtung L527 fahren, um dann der Trasse einer ehemaligen Kohlenbahn zu folgen. Vor Wuppertal käme ich dann wieder auf meine geplante Route. Dadurch kürzt sich die von 76 auf nur 50 km, was zwar ein bisschen wenig für einen ganzen Tag ist, bei den Verhältnissen aber vielleicht gar nicht schlecht!?

Nach einem leckeren und gemütlichen Frühstück (vielen Dank nochmal für alles, Ihr zwei!) gibt es gleich die erste Schikane: Der Aufzug ist kaputt – meine Gastgeber wohnen im 7. Stock und das Rad durfte ich im Wohnungsflur parken! Bernd trägt mir netterweise die Taschen runter, so dass ich mein Gefährt ohne Zusatzballast schultern kann.

Dann taste ich mich zaghaft auf die Straße hinaus. Immerhin ist das Herdecker Klinikum nicht weit und die Zufahrt zu Krankenhäusern werden ja immer als Erstes geräumt und gestreut. So komme ich tatsächlich auch die Straße nach Wetter problemlos hinunter, solange ich auf dem Asphalt bleibe. Bei Sonnenschein fahre ich durch ein Wintermärchen.

An der Straße von Herdecke nach Wetter

Unten wage ich mich dann auf den Radweg. Auch hier 3 cm Schnee. Solange ich vorsichtig fahre, klappt alles. Das heißt natürlich auch: deutlich langsamer als die Tage vorher, was aber bei einer Tagesetappe von nur 50 km kein Problem sein sollte.

Nach Überquerung der Ruhr muss ich hinunter auf den Ruhr-Radweg. Und hinunter heißt hinunter. Ich bremse dosiert, um erst gar nicht schnell zu werden und trotzdem blockieren die Bremsen gleich und die Reifen rutschen weg. Ich muss all meine Erfahrung einsetzen, um nicht gegen die unten stehenden Absperrbaken zu rutschen. Ich glaube, das wird nichts. Dieses Rad ist einfach nicht wintertauglich – was ich ja auch schon wusste. Aber Wissen und wahrhaben Wollen sind eben zwei Paar Schuhe! Mit breiteren und vor allem grobstolligen Reifen wär das wohl kein Problem, aber so?

Ich breche ab, fahre zum Bahnhof in Wetter, wo auch bald ein Zug kommt, sage meinem Host in Remscheid-Lennep bedauernd ab und bin am frühen Nachmittag in Bonn.

Schade! So ist die Abschiedstour unvollständig. Aber bevor ich richtig im Zug sitze, weiß ich, dass ich wiederkomme, sobald das Wetter besser ist, um diese Tour und damit mein aktives Berufsleben wirklich abzuschließen. Das mag komisch klingen und kommt auch total aus dem Bauch heraus, aber es ist so.

Einen Versuch war es wert!

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Angelika
Angelika
6 Jahre zuvor

Lieber Thomas,
dein Tourabruch ist ein weiser Schritt, denn wir möchten dich alle noch einmal gesund und munter wiedersehen. Außerdem denke ich an Friedrich Rückert: „Nur auf das Ziel zu sehen, verdirbt die Lust am Reisen“. Die gefahrene Tour von Hannover nach Wetter bei der Eiseskälte war eine heroische und sicherlich erlebnisreiche Tour, die ich sehr bewundere.
Der Rest der Tour – bei Frühlingserwachen nachgeholt – wird dann als sonniger und warmer Abschluss die ganze Radtour in schönerer Erinnerung bleiben lassen.
Viele Grüße
Deine Angelika