Ins Herz der Pyrenäen

Eins vorweg: Ihr könnt meiner Tour nahezu in Real-Time folgen, der GPS-Tracker macht’s möglich! Klickt oben auf das „P“ im Kreis und ihr seht die Karte mit meinem bisherigen Wegverlauf.

So, nach der Einleitung wisst ihr natürlich schon, dass es trotz des gefräßigen wie zerstörerischen Zwischenfalls weitergeht: In Gavarnie konnte ich eine neue Isomatte kaufen und die alte nach Hause schicken, vielleicht gibt es ja doch noch eine Möglichkeit, sie dauerhaft zu reparieren, nicht nur für 10 Minuten. Allerdings habe ich meinen teuer erkauften Komfort wieder eingebüßt. Jetzt schlafe ich nur noch auf sechs Zentimeter Dicke, etwas dickeres gab’s leider nicht.

Zwei schweißtreibende Nachmittagsstunden bringen mich zum Refuge d’Espugettes, wo ich neben der Hütte auf einer Wiese zelte, zu der auch Kühe, Pferde und Mulis freien Eintritt haben. Hoffentlich geht das gut!

Am Refugio d’Espugettes

Am Abend bin ich nur noch müde. Ich warte darauf, dass die Sonne hier oben endlich untergeht. Solange die scheint, ist es im Zelt noch zu warm. Um 21 Uhr ist es endlich so weit.

Brêche de Roland an Abend
Abstimmung am Refugio

Sonntag, 3.7.

Nach zwei Nächten mit wenig Schlaf war die letzte umso erholsamer. Lediglich die drei Französinnen in den Zelten nebenan haben meinen Schlaf unterbrochen, als sie um halb zwölf noch Bierflaschen-unterstützte und nicht eben leise Kommunikation betrieben. Und ich dachte, Franzosen trinken Wein!

Während ich mein Zelt abbaue, vergnügen sich nebenan die Mulis an den Resten von gestern Abend. Ok, das ist jetzt nicht mein Problem. Ich gehe los.

Na denn, guten Appetit!

Den Plan, heute über Héas direkt bis zu den Lacs de Barroude weiterzugehen, habe ich schnell wieder verworfen. Das wären elfeinhalb Stunden reine Gehzeit, und das am dritten Tag. Damit würde ich mich klar überfordern. Stattdessen entscheide ich mich spontan, auf dem Weg zur Horquette d’Alans der Piméné einen Besuch abzustatten. Den Rucksack deponiere ich am Abzweig und dann geht es mit kleinem Gepäck umso leichter erst auf die kleine und dann auf die große Piméné. Ein herrlicher Aussichtsberg in 2.801m Höhe, wie sich herausstellt.

Aufstieg zur Piméné
Am Gipfel

25 Minuten nachdem ich den Rucksack wieder aufgenommen habe, mache ich schon wieder Pause, denn danach geht’s erstmal nur bergab. Auf dem Weg von der Horquette d’Alans laufe ich durch ein langes Tal voller Murmeltier-Kolonien. Die Tiere sind zum Teil noch ganz schön klein. Da merkt man halt, dass es erst Anfang Juli ist!

Je näher ich dem Stausee Lac des Gloriettes komme, desto mehr Publikumsverkehr gibt es. Es ist Sonntag und an der Staumauer gibt es einen Parkplatz. Was leider auch bedeutet, das ich ab hier  Asphaltstraße laufen muss. Aber auf einmal hält ein netter Franzose aus Pau und nimmt mich bis Héas mit. Ich frage in der einzigen Auberge nach einem Zimmer (ja, kein Zelt heute) und habe doppelt Glück. Es ist noch eins frei und kaum habe ich es bezogen, regnet es wie aus Kübeln! Schön, dass ich nicht gerade jetzt mein Zelt aufbauen muss!

Montag, 4.7.

Es ist schwül. Der gestrige Regen liegt heute im Boden, in der Luft und im Nebel, der das Tal verschließt.

Ich laufe an Wasserfällen vorbei das Tal des Agillous hoch und komme aus dem Schatten in die Sonne, mit der ein angenehmer kühler Wind aufkommt. Der Duft von wildem Thymian flutet meine Nase, als ich am Fluss meine Wasserflaschen auffülle und anschließend zur Horquette des Héas aufsteige.

Ich bin ganz alleine hier oben. Kein Mensch außer mir. Der Kontrast zu gestern ist erstaunlich. Was so ein Wochentag ausmacht! Und dabei ist es Juli, Hochsaison.

Horquette de Héas

Oben angekommen bin ich dann doch nicht mehr allein. Eine Mutter und ihr Sohn sind offenbar von der anderen Seite heraufgekommen. Im Abstieg kommen mir noch drei weitere Wanderer entgegen. Und ein warmer Wind. Über schiefrigen Schutt geht es steil bergab. Das ist ein Abstieg der Marke „Todesstoss für Leos Knie“ (er weiß schon,was ich meine). Mir geht es eher auf Oberschenkel und Waden. Aber die werden sich schon daran gewöhnen. Aber was steht so schön an der Wand meines Fitnessstudios: Der Schmerz geht, der Stolz bleibt!

Der nächste Pass

Zwei Pässe und einen halben Liter Schweiß später komme ich an den Lacs de Barroude an. Eigentlich wollte ich hier zelten, aber es ist erst früher Nachmittag und so mache ich erstmal eine Pause, um dann zu entscheiden ob ich hier bleibe oder weitergehe.Die Entscheidung ist gefallen als ich sehe, dass nur zwei Stunden weiter eine unbewirtschaftete Hütte ist.

Lacs de Barroude

Der letzte Pass für heute, Port de Barroude, ist eine unwirtliche Schieferebene, über die ich von Frankreich nach Spanien gelange. Nach einem langen Abstieg (es sind eben nicht nur zwei Stunden, sondern auch 800 Höhenmeter) komme ich dann an der einfachen Betonhütte an. Nicht schön, aber für eine Nacht wird’s gehen. Mir reicht’s jedenfalls für heute.

Port de Barroude
Genug für heute, jetzt wird nur noch gekocht!
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Viktor
1 Jahr zuvor

Das geht ja richtig gut los. Hoffentlich hält dein Glück und deine Knochen durch. Freue mich schon auf die folgenden Berichte und wünsche dir eine weiterhin tolle und interessante Tour. Und das du uns weiterhin mit so schönen Fotos beglücken kannst 🙂
VLG, Viktor