Schwarzwald

Wald, Schweiß und Täler

Von Wörth aus fahre ich über den Rhein, durch Karlsruhe und bis nach Pforzheim, dabei auch einige Kilometer an der B50 entlang – nichts besonderes Tolles, aber immerhin verkehrssicher auf gut ausgebauten und ausgeschilderten Radwegen. Mein Ziel ist der Beginn des „Schwarzwald-Panorama-Radwegs“, der mich bis an den Feldberg bringen soll, bevor ich nach Freiburg abbiege, um Lena zu besuchen.

Hinter Pforzheim tauche ich ins Enztal ein. Kühl und schattig hält das Tal die 30 Grad von mir ab, die ja nur ein Vorgeschmack dessen sind, was die nächsten Tage noch auf mich zukommen soll.

Zwischen Wörth und Karlsruhe ist vom Rhein nicht viel zu sehen!
Pause im Enztal

Bis Enzklösterle geht es meistens ohne all zu große Steilheit aufwärts. Zuvor in Bad Wildbad verputze ich im Kurpark mein Abendessen: Zwiebelbrot, Sardinen und Gurken. Danach fahre ich noch weiter auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit und einem Platz, wo ich meine Flaschendusche zum Einsatz bringen kann, ohne als Exhibitionist verhaftet zu werden. In einem kleinen Waldstück auf der anderen Seite der Enz, hinter einem Schuppen, der mich gegen die wenigen entfernten Häuser abschirmt werde ich fündig.

Ein „Nasslager“. Durch die Beregnung werden Käfer und Pilze ferngehalten und es kann auf chemische Schutzmittel verzichtet werden.
Ah, eine Quelle! Meistens klappt der Flüssigkeitsnachschub.
Frühstück im Wald 🙂

Kilometerweit geht es am nächsten Tag durch Nadelwald, ab und an mal durch einen Ort, so dass der Koffeinnachschub funktioniert, aber von „Panorama“-Radweg bisher keine Spur. Ich mache einen Abstecher nach Alpirsbach mit der bekannten Brauerei, einer schöner Klosterkirche und einer noch imposanteren Orgel, die wie ein Turm in die Kirche gebaut wurde mit Pfeifen, die an allen vier Ecken in den Himmel streben. Diese Orgel ist sogar auf Luftkissen (!) fahrbar. So wird sie das nächste Mal am 27.10. im Rahmen einer Orgelmatinée in die Mitte des Kirchenraums manövriert.

Und weiter durch den Wald!
Eigentlich geht hier mein Radweg her!? Aber soo breit wäre nun wirklich nicht nötig gewesen!
Freudenstadt – und Freude hat man hier 😉
An der Alpirsbacher Klosterbrauerei
Alpirsbach: Im Kreuzgang der Abtei
Alpirsbacher Klosterkirche: Ausschnitt des kunstvoll geschnitzten Marienaltars
Alpirsbacher Klosterkirche: die Orgel, die in den (Kirchen-) Himmel wächst

Hinter Schramberg zeigt sich endlich ein Panorama und lässt den hohen Süden des Schwarzwaldes im Dunst erahnen. Die Temperaturen sind aber schon unanständig. Mein Wecker geht um sechs, damit ich früh loskomme, trotzdem wird das Fahren schon am Vormittag zur Qual, insbesondere bergauf bei praller Sonne. Und beides gibt es hier im Schwarzwald ohne Ende. Jeder Schatten schreit nach einer Pause, die Beine sowieso. Und das Weiterfahren fällt mit jeder Pause schwerer. Manchmal frag ich mich ja schon, warum ich mir das überhaupt antue. Ach ja, ich wollte Marc-Uwe Kling widerlegen. Aber muss das denn so anstrengend sein???

Auch ein Rad braucht mal eine Pause – oder zumindest der Fahrer!
Alter Grenzstein.
Villingen-Schwenningen
Villingen-Schwenningen
Panorama!

Der mentale Härtetest kommt gleich nach der Mittagspause: sechs Kilometer schnurgeradeaus durch den Wald, auf Schotterwegen, immer leicht bergauf, bei 32 Grad im Schatten, den es trotz Wald nur sporadisch gibt, dafür ist der Weg zu breit und steht die Sonne zu steil. Mehr als neun km/h sind nicht drin. Und das heißt 40 Minuten schweißtreibende Monotonie! Aber als Rheinländer weiß ich: Et hätt och schlimmer kumme könne. In Bonn sind es 39 Grad, teilt mir Uta per WhatsApp mit!

Zeit, den Gedanken nachzuhängen. Nur haben die gerade keinen guten Lauf. Immer wieder aufs Neue drängt die Frage hoch: Warum tue ich mir das eigentlich an? Und wo ist überhaupt das nächste Café? Oder besser noch: das nächste Eiscafé? Aber siehe da: der große Google, den ich am Ende der langen Geraden befrage, hat ein Einsehen. Nur 500 m entfernt liegt ein Waldcafé! Ein Eis und ein Cappuccino bleiben nicht ohne Wirkung. Entspannter fahre ich über eine wunderschöne Höhenstrecke, wenngleich ohne Panorama, weiter. Und dann ist da auf einmal ein Kneipp-Fußbad einfach so direkt neben dem Radweg! Da kann ich nicht widerstehen. Herrlich, diese Kühlung und wenn sie nur die Beine betrifft!

Aah!

Am Abend bin ich in Titisee. Ein sehr touristischer, überlaufener Ort, in dem ich mich nicht aufhalte, bis auf – den Kurpark. Denn der liegt direkt am gleichnamigen See. Zwar ist auch hier viel los, aber ich tausche die Radklamotten gegen die Badehose aus dem Gepäck und lasse meinen Schweiß im See. Soll er sehen, wie er damit zurecht kommt!

Am Titisee

Die Nacht verbringe ich im Wald. Wenn ich hoch schaue, schließen sich die Baumkronen um mich herum, als wollten sie mich beschützen. Tun sie leider nicht, zumindest nicht vor den Mücken. Und ich dachte, der See ist weit genug entfernt und der Wald trocken. Ich sprühe mich mit Mückenschutzmittel ein, aber das hält nicht die ganze Nacht vor. Am Morgen haben Kopf und Schultern als wahre Mückenweiden gedient!

Mein (leider mückenverseuchtes) Nachtlager
Morgenstimmung im Wald

Eine letzte lange Steigung bringt mich auf gut 1.200 m Höhe und beschert mir einen Blick zum Feldberg, dem höchsten Gipfel des Schwarzwalds. Danach geht es nur noch bergab, anfangs sehr steil und ohne jedes Panorama, nur der Wald fliegt an mir vorbei. Während die Hitze oben noch auszuhalten war, wird sie nun drückend. In Kirchzarten flüchte ich ins Schwimmbad, bevor ich nach Freiburg weiterfahre. Lena hat heute eine Prüfung, am Abend sehen wir uns. Bin gespannt, wie die Prüfung war!

Blick zum Feldberg

Lohnt sich der Schwarzwald denn für Fahrradfahrer?

Für jeden mit einem MoFa (Motorfahrad, heute gerne mit Elektroantrieb als E-MoFa, neudeutsch auch E-Bike genannt, obwohl es eigentlich ein Pedelec ist – puh, diese Begriffsverwirrung!), auf jeden Fall. Und für die anderen gilt: Wenn man Schweiß als natürlichen Körperbestandteil akzeptiert und Muskelkater als Lebenszeichen zuvor degenerierter Körperteile, dann ebenfalls. Alle belohnt er mit stillen Wäldern, ruhigen Tälern, kleinen Höhensträßchen und wunderbaren Aussichten. Und langsam bin ich ja schon neidisch auf diejenigen, die bergauf mal eben so an mir vorbeisurren, ohne aus der letzten Pore zu ölen!

Rückblick

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Dietrich Bachmann
3 Jahre zuvor

Wir lieben die Natur und den Wald. Im Schwarzwald waren wir noch nie, er liegt aber noch auf unserer Reiseliste. Vielleicht werden uns diesen Sommer vornehmen, einen Wanderurlaub zu planen.

Sven
Sven
4 Jahre zuvor

Hallo Thomas, schöne Bilder. Bisher hab ich auch nicht gewusst, dass im Schwarzwald jetzt so breite Radwege gebaut werden. Wünschenswert ist ja schon, dass auch mal zwei Lasträder aneinander vorbei fahren können. Aber ich fürchte, dass da wohl noch etwas Anderes geplant ist…

Viktor
4 Jahre zuvor

Tröste Dich: In Köln/Bonn hättest Du mit weniger Sport genausoviel geschwitzt… 39.7°C!!
Tolle Tour, schöne Fotos! Das Lesen macht wie immer viel Spaß. Und ich bewundere deine Konsequenz bei der Auswahl sehr basaler Nachtlager 🙂