von Gostyń nach Trzebnica

Am Morgen fahr ich erst einmal ein bisschen im Kreis, weil mein Navi und ich uns nicht darauf einigen können, wie wir aus Gostyń wieder herauskommen. Aber natürlich einigen wir uns bald und verlassen die Stadt auf Landstraßen, erst noch mit separatem Radweg, nachher leider nicht mehr. Hier macht sich dann der Rückspiegel bezahlt, den ich bereits vor der Elbe-Tour montiert hatte. So sehe ich immer schon rechtzeitig, was von hinten auf mich zu gerollt kommt und ob zum Beispiel ein Lastzug ausreichend Abstand hält. Aber generell muss ich sagen: die polnischen Autofahrer (gilt auch für Laster) sind sehr rücksichtsvoll Radfahrern gegenüber. Diejenigen, für die das nur solange gilt wie ausreichend Platz und kein Gegenverkehr vorhanden ist, sind tatsächlich wenige.

Nach einigen Kilometern geht es dann wieder auf Nebenstraßen durch das ländliche Wielkopolska. Ab und an sehe ich eine Bockwindmühle, besser gesagt, nur noch den Bock, die Windmühle ist abgebaut. Einsam steht das Holzfundament in der Gegend herum und fragt sich wahrscheinlich auch, was es hier noch soll, so ganz ohne Daseinsberechtigung. Ansonsten fahre ich wohl nicht nur durch die Korn-, sondern auch die Fleisch- und Wurstkammer Polens. Überall riecht es nach Gülle und die muss ja schließlich irgendwoher kommen. So langsam freue ich mich auf das österreichische Weinviertel!

Bockwindmühle ohne Windmühle

In den kleinen Dörfern sind die Häuser einfach durchnummeriert, liegen aber mehrere Hundert Meter auseinander und in verschiedene Himmelsrichtungen. Die Briefkästen stehen deshalb an einem zentralen Ort – meist an einer Bushaltestelle.

Heute soll es unter 30 Grad bleiben, für morgen sind 34 vorher gesagt. Schon an so Tagen wie heute laufen zwischen Frühstück und Abendessen (beides exklusive) locker drei Liter durch. Wobei: eigentlich läuft da kaum etwas durch, das allermeiste verdampft einfach! Ich werde deshalb heute so weit wie möglich Richtung Wroclaw / Breslau fahren und dann morgen einen Sightseeing-Tag einlegen.

Am Nachmittag fahre ich durch eine wunderschöne Seenplatte mit Gänsen, Reihern, Schwänen, Enten, begleitet von Froschgequake aus den Schilfrohrgürteln. Hier würde ich eigentlich gerne die Nacht verbringen. Aber Breslau ist noch zu weit. Und außerdem stehen überall Schilder, die soviel bedeuten wie „Brutgebiet – Betreten verboten!“

Grabowka: mag idyllisch aussehen, riecht aber nach Gülle!

An der Seenplatte bei Ruda Sułowska

Nach der Seenplatte geht es wieder durch Wald. Das ist so ähnlich wie im heimischen Kottenforst – nur sandiger. Und leider lassen auch die Sandgruben und Schiebestrecken nicht lange auf sich warten. Nicht, dass ich mich dran gewöhnt hätte, aber ich komme immerhin schon mal hundert Meter weit, ohne das Gleichgewicht zu verlieren und stoppen zu müssen. Mit einem vollgepackten Reiserad ist das schon schwarze Piste! Und schließlich bleibt der Weg dauerhaft ein Sandkasten und ich muss fast einen Kilometer weit schieben. Danach sehen die Beine so aus, als ob eine Dusche sinnvoll wäre, da Sand im Wald ungleich humoser ist als Sand am Strand. Ich bleibe dabei: schwarze Piste!

Die „schwarze Piste“ …

… und das Ergebnis!

Trzebnica / Trebnitz liegt bereits in Niederschlesien und im Katzengebirge (oder auch Trebnitzer Berge), einer Grund- und Endmoränen-Landschaft. Hier steht eine Zisterzienserinnen-Abtei aus dem 13. Jahrhundert. Herzog Heinrich I. stiftete es auf Wunsch seiner Gemahlin Hedwig von Andechs, die auch prompt – bereits vier Jahre nach ihrem Tod – heilig gesprochen wurde und seitdem hier verehrt wird. Dreckig wie ich bin, will ich trotzdem noch einen Blick hinein werfen, als gerade eine Messe beginnt, weshalb es ein kurzer Blick wird. Religiöse Zeremonien und Fotografierende Touristen passen meines Erachtens nicht zusammen.

Vierungsturm der Klosterkirche von Trebnitz

In der Klosterkirche

Ach ja: alle Pläne auf eine Outdoor-Übernachtung habe ich nach der Schiebestrecke begraben. Diese Beine will ich meinem Schlafsack wirklich nicht antun. So wird es wieder mal ein billiges Hotel.

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Viktor
5 Jahre zuvor

Hi Thomas,
ich schließe mich Angelika und Uli an. Das abendliche Lesen deiner Tagesetappen ist inzwischen schon zu einem Abendritual geworden 🙂 Ich werde es nächste Woche bestimmt vermissen – aber wenn ich aus dem Urlaub zurück bin, sitzt Du bestimmt noch immer auf dem Rad…?
VG
Viktor

Angelika
Angelika
5 Jahre zuvor

Hallo Thomas,
ich wollte einfach mal kurz schreiben, wie ich mich jeden Tag auf die Schilderung deiner Erlebnisse und vor allem die wunderbaren Fotos freue. Sie machen in jedem Fall Lust auf einen Polen-Urlaub und man lernt ja nebenbei auch ganz viel dazu. Auch wir haben hier Wetter zwischen 30 und 35 Grad, ich wünsche dir daher am Donnerstag einen erholsamen Besichtigungstag, obgleich die Seenplatte bei Ruda Sulowska ja vielmehr nach Sommerfrische und Erholung aussah. Gute und sichere Fahrt und weiterhin viele nette Begegnungen.
Viele Grüße
von Angelika und Uli